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Bettina Conci
Veröffentlicht
am 10.11.2015
MeinungPuffgeflüster

Die Unterhose

Veröffentlicht
am 10.11.2015
Ein Kriminalfall mit Lösegeldforderung sorgt im Pink Flamingo für Aufsehen. Aber auch der Ausbau des Flughafens wird diskutiert: Bringt dieser mehr Kunden?
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Maria (schimpft wie ein Rohrspatz in ihr Smartphone): Wenn ich es dir doch sage, wir brauchen dringend eine Italienerin! So kurz vor Sant’Ambrogio könnt ihr mich doch nicht im Stich lassen. Ich wende mich vertrauensvoll an eine Vermittlungsagentur, und alles, was ihr mir anschleppt, sind Chinesinnen? Da frage ich mich doch, ob du dir deinen Sonderrabatt bei uns noch verdienst, mein Lieber. Wie bitte? Ja? Woher? Ach, ist ja egal, Hauptsache sie spricht Italienisch. Heute noch? Das ist super, mein Süßer! Kriegst auch einen ordentlichen Nachlass bei der Elsa, das nächste Mal! Tscha-hauuuu! Bussibussi!

Elsa (säuerlich): Na toll. Und ich muss dann wieder herhalten.

Maria: Jetzt hab dich mal nicht so. Ist ja kein Unguter, der Andi. Und wenn wir seine Dienste in Naturalien verrechnen können, ist das dem René am liebsten. Eine Win-win-Situation.

Elsa (grummelt): Ein Fresskorb würds auch tun…

Maria (tadelnd): Jetzt hör mal gut zu, du Prinzessin auf der Erbse. In deinem Alter und in unserer Branche kann man es sich nicht leisten, wählerisch zu sein. Vor allem nicht in Zeiten wie diesen. Überall wird gespart, und die Vergnügungsindustrie trifft es nun mal am Härtesten. Brauchst dich ja nur mal umzuschauen: Das Fernsehprogramm ist zum Heulen, Kunst wird neuerdings frisch gleich mit dem Müll entsorgt, zum Ausgehen muss man quasi das Land verlassen…

Ilona (entrüstet): … im Playboy gibts keine Nackten mehr…

Maria: …und wenn der Glühweinmarkt nicht bald anfängt, haben die Leute außer Schnackseln gar nix mehr zu tun. Dann rennen sie uns die Bude ein, und ich muss noch zwei Leute mehr einstellen. Nicht, dass ich mich beschweren würde.

Melanie (schaut von ihrem Buch auf): Soll ich das auf unsere Facebook-Seite stellen, dass wir Verstärkung suchen?

Maria (winkt ab): Ach, lass mal. Charlotte hat schon was in den WiKu stellen lassen. Kümmer du dich lieber um den restlichen Schreibkram. Wie siehts überhaupt damit aus?

Der „restliche Schreibkram“ ist ein Brief an den Landeshauptmann, den Maria allen Ernstes aufsetzen lassen hat, um sich für den Bozner Flughafen einzusetzen. Der sollte nämlich ursprünglich mal geschlossen werden, wenn er sich nicht rentiert. Stattdessen wird er nun ausgebaut. Natürlich nicht, ohne vorher noch eine Volksbefragung zu machen. Weil Volksbefragungen gerade groß in Mode sind. Ich hab das zuerst nicht verstanden, aber der Berni hat es mir erklärt und gemeint, das nennt sich direkte Demokratie. Ich bin trotzdem dagegen. Das macht den Berni zwar stinksauer, aber ich glaube nicht an Politik. Ich glaube an Sex, Macht und Geld. Und an Dummheit. Kommt alles zusammen, entstehen diese tollen Geschichten, wie sie nur das Leben in Südtirol schreibt.

Melanie (mit gelangweiltem Gesichtsausdruck): Ja, Chefin. Ist bereits unterwegs. Jorge wird den Brief eigenhändig beim Land abgeben. Aber jetzt mal im Ernst: Meinst du wirklich, dass durch eine Verlängerung der Landebahn plötzlich mehr Kunden zu uns kommen?

Ilona: Länger ist immer besser, hähä. (dreckiges Lachen)

Maria: Melli, siehs doch mal so: Diese ganze Diskussion ist doch überflüssig. Ist doch alles schon beschlossene Sache. Schau mal: Jetzt geht es in erster Linie darum, dass der Melch sich ums Finanzielle kümmert, weshalb wir ihm und seinen Freunden in der Politik a bissl Honig ums Maul schmieren müssen. Unsere Stammkunden reisen nicht mit dem Flugzeug an, meine Liebe. Die kommen mit dem Chauffeur.

Ich: Oder mit der Sasa, wie der Karl. Hahaha!

Melanie (lachend): Du hättest Politikerin werden sollen, Maria!

Maria (stimmt ein): Ach, ein so großer Unterschied ist da nicht zu dem, was ich jetzt mache…

Ein Smartphone klingelt. Maria schielt zu ihrem iPhone, das auf dem Kaminsims liegt. Als sie merkt, dass es nicht ihr Gerät ist, das gerade „Supergirl“ runterdudelt, sieht sie sich böse um. Im Pink Flamingo herrscht nämlich Handyverbot. Zu schlechte Erfahrungen mit eifersüchtigen Ehefrauen und lästigen Chefs. Und wir Angestellten sollen unsere privaten Telefonate auch nicht unbedingt im Büro führen, das gehört sich nicht. Da verstehe ich die Maria schon. Mit einem entschuldigenden Schulterzucken nehme ich mein Handy zur Hand und den Anruf an.

Ich (bemüht freundlich): Schau an, der Herr Kommissar! Wie kann ich Ihnen behilflich sein?

Kommissar: Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist, dass Herr Melch wohl noch am Leben ist…

Puh. Da bin ich jetzt aber schon froh. Dachte schon, es wäre ihm endgültig an den Kragen gegangen, weil er sich in letzter Zeit nicht gerade viele Freunde gemacht hatte.

Kommissar: …und nun die schlechte… ähem. Es ist eine Lösegeldforderung über eine Million Euro bei seiner Frau eingegangen.

Ich (ungläubig): Was?? Eine Entführung? Das ist ja allerhand! Der arme Berni! Wo doch eine Übernachtung im Hotel schon purer Stress für ihn ist… entschuldigen Sie, ich bin ganz durcheinander, Herr Kommissar. Wie planen Sie denn jetzt vorzugehen? Da muss man doch was tun können, die Täter, äh, dingfest machen oder so?

Kommissar: Nun ja… sehen Sie, die Sache ist die: Frau Melch möchte nicht zahlen.

Ich: Was? Ja, aber… wird da nicht eine Übergabe vereinbart, und sobald die Entführer auftauchen, um das Lösegeld entgegenzunehmen, klicken die Handschellen?

Kommissar (leicht säuerlich): Im Fernsehen ist das bestimmt so, Frau Charlotte. Allerdings lehnt Frau Melch ein Eingreifen der Polizei strikt ab. Wortwörtlich hat sie das in etwa so formuliert, dass ihr Mann „bloß bleiben soll, wo der Pfeffer wächst“, weil er „eh nur Unruhe stiftet zur Zeit“, und sie sowieso bald die Scheidung einreichen wird.

Ich: Oh.

Kommissar: Sie sagen es. Ich nehme an, Sie verfügen nicht über das nötige Kleingeld?

Ich: Ich? Wie kommen Sie denn darauf? Ich meine, dass ich für einen Mann, den ich kaum kenne, mein sauer Erspartes auf den Tisch lege? Das kommt ja gar nicht in die Tüte!

Kommissar (mit einem plötzlich süffisanten Unterton): Nun ja, das mit dem „kaum kennen“ dürfte fraglich sein. Frau Melch hat da nämlich etwas gefunden, das Ihnen gehören dürfte. Und zwar einen Slip, der eindeutig einer Dame zuzuordnen ist. Im Handschuhfach seines Firmenwagens.

Das schlägt doch dem Fass den Boden aus. Jetzt unterstellt mir dieser Dolomitencop, dass ich meine Unterhosen in fremden Handschuhfächern zurücklasse! Womit natürlich erklärt wäre, warum die Alte vom Berni keinen Cent rausrückt. Oder aber… sie hat das Stück Intimwäsche selbst dort hingelegt, um eine Ausrede dafür zu haben, dass sie ihren Mann in den Fängen der Entführer verrotten lässt. Vielleicht steckt sie sogar mit den Entführern unter einer Decke! Na warte, dem Luder werd ich weiterhelfen. Zunächst einmal muss ich aber die Hüter des Gesetzes mit der Nase draufstoßen, dass da was faul ist.

Ich: Herr Kommissar, ich bitte Sie. Stand auf den Höschen etwa mein Name?

Kommissar: Nun ja. Das nicht gerade. Aber die Initialen „CB“. Sie kennen nicht zufällig jemanden, auf den das zutreffen könnte, Frau Charlotte?

Ich: Machen Sie sich nicht lächerlich. Außerdem trage ich gar keine Unterwäsche, Herr Kommissar. Dafür habe ich den ein oder anderen Zeugen. Und jetzt muss ich Sie leider bitten, mich zu entschuldigen, ich habe da nämlich dringend was zu erledigen.

Kommissar (belustigt): Wir hören uns, Frau Charlotte!

Da bin ich mir sicher. So eine Scheißsituation aber auch. Verdattert wende ich mich Maria zu und erzähle, was passiert ist..

Ich: Vielleicht solltest du dir das mit dem Brief doch noch überlegen. Wenn der Berni diese Entführungsgeschichte nicht überlebt, ist es taktisch vielleicht doch klüger, nicht ganz so solidarisch mit ihm und seinen Politikerspezln zu sein…

Maria (nachdenklich): Da könntest du recht haben… verdammt! Schorsch!? Schoooo-horsch!!! (stürmt die Treppen hinunter, um den armen Jorge noch abzufangen, bevor er zur Post geht)

Ilona (blickt Maria bewundernd nach): Ich staune manchmal, wie agil sie noch ist, die Maria.

Melanie: Ja, ja… Ilona, jetzt sei doch bitte so gut und auch mal a bissl agil, sonst kommen wir zu spät!

Ich: Wo wollt ihr denn hin?

Melanie (aufgeregt): Ins Kino, „Spectre“ läuft. Magst mitkommen? Wir werden uns allerdings den ganzen Film lang darüber streiten, wer der bessere Bond ist, Daniel Craig oder Pierce Brosnan.

In diesem Moment piepst mein Smartphone wieder. Nach einem kurzen Blick auf das Display winke ich ab.

Ich: Ach na, lass mal. Ich mach mir einen gemütlichen Abend und ratsche ein bisschen mit dem Ispettore. Außerdem wisst ihr schon, dass es nur einen James Bond gibt, gell?

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