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Hansi Klein
Veröffentlicht
am 24.09.2013
MeinungSchicksalsjahr der Schwammelpartei

Die Rasselbande

Veröffentlicht
am 24.09.2013
In dieser Folge der Satire fallen unserem Agenturchef geheime Dokumente in die Hände und er lernt die Wahlkampftruppe des Spitzenkandidaten kennen.
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Dieser Klingelton hat was Nervendes, dachte Harry Jungmayer, der im Halbschlaf noch die amüsantesten Episoden des Vorabends gedanklich Revue passieren ließ. Die Kandidaten allesamt high, das wird‘s nicht mal am Wahlabend geben, war sich Jungmayer sicher. Der Agenturchef wollte nach dem Handy greifen und merkte plötzlich, dass er zum einen noch bekleidet und zum anderen eng umschlungen von Walter Vorlackner war, der überraschend am Vortag in der Parteizentrale aufgetaucht war. Er wuchtete den Musiker im „Seicht-Koma“ etwas zur Seite, nahm sein Handy in die Hand und anwortete dem anonymen Anruf.

„Jungmayer?“, krächzte jemand am anderen Ende der Verbindung, so als wollte er partout verhindern, erkannt zu werden. Der Agenturchef bejahte. „Gehen Sie sofort vor ihre Zimmertür, da liegt etwas für Sie!“ Die Stimme klang etwas panisch. Der Agenturchef rieb sich erst einmal den Schlaf aus den Augen und stand dann auf. Die Welt drehte sich unter ihm und er fühlte sich wie eine Kompassnadel, die sich gerade nach Norden ausrichtete. Wieder ertönte die krächzende Stimme. „Schnell es ist eine wichtige Sache. Nehmen Sie es an sich und verstecken Sie es gut. Aber nicht im Hotelzimmer. Das darf niemand in die Hände bekommen vor der Wahl.“

Zum Schwindelgefühl kam bei Jungmayer nun auch noch Verwunderung dazu. Er öffnete die Tür und direkt davor lag ein großes Kuvert. Er nahm es an sich und ging zurück ins Zimmer, setzte sich aufs Bett und öffnete den Umschlag. Darin waren gut 20 Seiten langes Dossier und einige Kopien von Belegen und anderen Dokumenten. Er las etwa von „Übernahmeplan Wochenmagazin“, „Uni-Präsidentschaft als Gegenleistung zur starken Medienpräsenz des Spitzenkandidaten“, „Vollübernahme der Kommunikationsinfrastruktur“, „Strom-beteiligungen“ und noch weitere kompliziert klingende Dinge. Jungmayer wurde aber müde, sehr müde. Er legte sich nach hinten und versuchte das Gelesene zu verstehen. Und weg war er wieder.

Die Wahlkampfhelfer

Als Jungmayer Stunden später aufwachte, war er allein im Bett. Walter war verschwunden und mit ihm das Dossier, das der Agenturchef beim Einschlafen noch auf Walters Bauch gelegt hatte. Es war mittlerweile Mittag. In der Lobby lief ihm überraschenderweise der Spitzenkandidat über den Weg. Wie immer mit breitem Grinsen und freundlichem Gruß. Heute blieb er stehen und versuchte den Agenturchef in ein Gespräch zu verwickeln. Er gab vorerst Belangloses von sich, dann kam er zur Sache: „Ich hätte ihnen gerne mal meine wichtigsten Stützen im Wahlkampf präsentiert, mein Think-Tank, meine ultradynamischen jungen Strategen!“ Jungmayer folgte dem Spitzenkandidaten durch die Lobby des Hotels bis nach hinten in einen Seminarraum.

Dort saßen zwei nicht mehr ganz so „frische“ Damen und vier junge Burschen. Eine der beiden Damen kannte Jungmayer aus der Presseabteilung der Partei. „Sieh an die Rothaarige mit dem Kecks-mich-nicht-an-Blick“, dachte Jungmayer. Daneben saß eine weitere Dame ungefähr desselben Alters. Der Spitzenkandidat stellte sie als die Kulturjournalistin aus Leidenschaft vor. Jungmayer tat interessiert und fragte nach ihrem Aufgabengebiet. „Nun“, antwortete die elegante Blondine, „ich konzentriere mich auf die Performance der Persönlichkeit, in seinem aktuell interaktiven Kontext seines Ichs, das im permanenten Dialog mit dem Betrachter und dessen über ihn projezierten Sinnbild zum Erscheinungsbild reift und damit in sich wieder zur Persönlichkeit wird. Nahezu von selbst. Dabei ist es mir natürlich wichtig, wie es ihm geht.“
„Aaalles klar“, antwortete Jungmayer. Dabei drehte er sich zur Seite und wandte sich an die jungen Burschen: „…und eure Jungs helfen euch dabei?“
Die Damen liefen kurzfristig rot an. Man verstand aber nicht, ob es aus Scham oder Wut geschah. Jungmayer erkannte einen der Jungspunde: es war dieser Tunnelpfadfinder mit der lustigen roten Brille. Dieser meldete sich auch sofort zu Wort und führte aus, so als ob er in einem politikwissenschaftlichen Einstiegsseminar wäre, dass sein Aufgabengebiet das Networking sei. „Parteiintern wie -extern im Sympathisanten-Milieu“, ließ er noch wissen. Jetzt ging's Schlag auf Schlag. Als nächster präsentierte sich ein Designer. Jungmayer fragte zweimal nach. Der junge Mann blieb dabei. Sein Job sei die Visualisierung aller Gestaltungsmaßnamen der Persönlichkeit des Spitzenkandidaten. Der hier muss der Sohn der Blonden sein, dachte Jungmayer.

Jetzt waren nur mehr zwei übrig. Der Erste stellte sich als DJ vor und Jungmayer tat gar nicht mehr überrascht. Den letzten in der Runde musste er sogar direkt ansprechen: „Und Sie, was machen Sie?“ Die Antwort war kurz und knapp: „Chauffeur, mit einschlägigem Teilstudium.“
Der Agenturchef gab zu verstehen, dass er es eilig hatte, und bat den Spitzenkandidat um Verständnis. Der smarte Anfang-Vierzigjährige begleitete ihn stolz zur Tür. Dann fragte er ihn, welchen Eindruck er von seinem Team gewonnen habe. Jungmayer antwortete mit einer Gegenfrage.
„Verstehe ich das richtig: Wenn das ganze Wahlkampfspektakel gelingt, dann sind Sie am Ende des nächsten Monats ja Landeshauptmann, oder?“ Der Spitzenkandidat stellte sich zweimal kurz auf die Zehen und hob seine Fersen. Dann bejahte er die Frage mit einem breiten Grinsen. „Nun“, sagte Jungmayer, „dann haben Sie hier ja alle Voraussetzungen geschaffen.“


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