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Hansi Klein
Veröffentlicht
am 18.06.2013
MeinungSchicksalsjahr der Schwammelpartei

Die erste Begegnung

Veröffentlicht
am 18.06.2013
Unser Parteiretter muss einsehen: Ohne einen schnellen Kaffee läuft im Land der Blauschürzen gar nichts. Folge 3 der Satire.
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Normalerweise mochte es Harry Jungmayer nicht, wenn er warten musste. An diesem Tag war aber alles anders. Er genoss die Zeit, um sich zu sammeln. Dass ihn die Dame am Empfang dabei beobachtete, kümmerte ihn wenig. Der Agenturchef meinte ja weniger wichtige Mitarbeiter sofort identifizieren zu können, und sie schien ihm eine solche. Diesmal lag er jedoch völlig daneben.

Sein Blick ging Richtung Treppen, welche die verwinkelte Zentrale in zwei Ebenen trennten, und über die plötzlich ein Mann regelrecht heruntersprang. So ein junger Hupfer, dachte Jungmayer, als er den Spargel in Jeans und Sakko sah, der ihn sogleich aufforderte. „Herr Jungmayer, gehen wir auf einen schnellen Kaffee!“ Der Agenturchef musste erkennen, dass es ohne diesen schnellen Kaffee vorher, zwischendurch oder nachher gar nichts zu laufen schien in diesem Land. Er wollte den Eingeborenen aber ihre Rituale nicht nehmen.
„Das freut uns aber, dass sie so schnell die Zeit gefunden haben. Die Lage ist nämlich sehr schwierig und kompliziert. Wir sind bei dieser Wahl in einer besonderen Situation“, dozierte der junge Mann auf dem Weg zur Bar. Die Stimme des jüngeren Mannes erinnerte ihn dabei an ihn selbst in den Achtzigerjahren und an sein erstes Moped, als er versucht hatte, es nur auf dem Hinterrad zu fahren.

Lass das Labern und komm zum Punkt, dachte Jungmayer, der schließlich fragte: „Wie lange geht eine Periode bei euch?“
„Periode?“ fragte der Parteisekretär, der sich überlegte, ob er jetzt von der neuen Frauenquote erzählen sollte. „Wann habt ihr das letzte Mal gewählt? Den Landtag meine ich?“ Jungmayer begann schulmeisterlich zu klingen.
„Ach ja, vor 5 Jahren. Warum?“
Die Antwort blieb Jungmayer schuldig. Er konnte ihm ja schlecht sagen, dass er nicht daran glaubte, dass der junge Parteisekretär beim letzten Mal irgendetwas davon mitbekommen hatte.

Gott sei Dank rettete ihn der Barbesitzer mit unglaublichem Charme, alpiner Herzlichkeit und der Frage: „Soudele, wo's dorf i enk bringen?“ aus der Situation.
„Einen Schwarzen“, schoss es aus seinem Gegenüber heraus.
Jungmayer war baff. Erstens war das politisch nicht korrekt, und zweitens war der Jungpolitiker ja auch einer, sofern er nicht zu der internen Randgruppe der falschen Sozis gehörte. Er blieb aber gelassen und sah darüber hinweg. Was ihn aber beschäftige, war etwas anderes: Warum hatte der Barist den Jungpolitiker „Soudele“ geheißen und in der dritten Person angesprochen?
Er hatte nicht die Zeit, länger darüber nachzudenken, schon hob der Barist rhythmisch seine Augenbrauen und zwang ihn damit zu einer schnellen Entscheidung.
„A Melange bitte.“
Ganz langsam wiederholte der Barmann die Bestellung, blickte dann in Richtung Theke und über alle Tische des Lokals. Schließlich nahm er einen Stuhl, stellte ihn neben jenen von Jungmayer, setzte sich und begann ganz langsam mit ihm zu sprechen. „Da müsste der Herr mir jetzt bittschian sagen, was a Melange genau isch. A Cappuccino mit Wasser, gell?“
Jungmayer ließ sich nicht darauf ein: „Ein Kaputtschino ist scho ah ok!“

Als dieser Teil des Rituals erledigt war, wandte sich der Agenturchef wieder dem Sekretär zu. „Also mit einem scheinens Recht zu haben, kompliziert ist das alles hier. Aber was ist denn jetzt das eigentliche Problem?“
Der junge Mann atmete tief durch: „Die Stimmung ist am Boden. Es hat ein paar Ereignisse gegeben in letzter Zeit. Skandale nennen es die Medien. Der Landeschef hat zwar klar gesagt, dass der dafür verantwortliche Landesrat ein Esel sei, aber irgendwie sind wir jetzt die Schuldigen.“
Der Barmann erschien inzwischen wieder und rief den Sekretär erneut bei seinem Kosenamen: „Soudele, enker Kaffe und a Capuccio, damit sich der Herr die Melange abgewöhnt.“

„Was ist das!?!“, erschrak Jungmayer, der auf die Schaumkrone des Cappuccino zeigte. Der Barmann, der sich umgedreht hatte und in Richtung Theke gehen wollte, machte kehrt und beugte sich über den Tisch. Ein Auge fixierte den Milchschaum, das andere den Gast. Es wurde alles leise in der Bar für eine gefühlte Ewigkeit von sieben Sekunden.
Der Agenturchef fuhr fort: „Ihr seids im Wahlkampf und auf dem Kaputtschino da ist a hundsgewöhnlicher Milchfleck in Herzchenform?“
Er holte tief Luft. Der Barmann brachte derweil das Kunststück fertig, jetzt auch noch zusätzlich den Jungpolitiker zu fixieren.

„Ab sofort muss da dieses Blumensymbol drauf oder von mein aus a Schwammel.“ Jungmayer liebte solche Auftritte, weil er merkte, dass der Sekretär vor Entzückung am Sessel fegte und mit einem breiten Grinsen in die Barrunde sah.
Jetzt, ja jetzt, könnte es drehen, dachte der Jungpolitiker voller Genugtuung, auch wenn er den Vorschlag mit dem Schwammel nicht verstanden hatte. Den Barmann überraschte die Szenerie nicht weiter, hatte er doch in den letzten Jahren schon einiges in dieser Bar erlebt.

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