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Lenz Koppelstätter
Veröffentlicht
am 28.11.2013
Meinung865 Kilometer

Der Kaffee-Komplex

Veröffentlicht
am 28.11.2013
Schnell einen Kaffee? Das geht in Berlin nicht. Der Geschmack der Heimat – Teil 2
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Letztens am Flughafen von Verona. Der Papa von einem Freund, der auch in Berlin lebt, holt uns ab. Der Papa sagt ein paar Worte, bei denen ich sofort merke, so, jetzt bist du wieder zu Hause. Er sagt: „Hallo, griaßt enk. Dai, gean mr schnell an Kaffee trinken.“ Wir stellen uns also an die Bar, bestellen „tre caffè“, was ganz selbstverständlich bedeutet, dass wir Espresso meinen, zwei Schlücke, das war's. Willkommen in der Heimat.

In Berlin ist das komplizierter. Viel, viel komplizierter. Einfach schnell irgendwo einen Kaffee trinken, das geht hier nicht. Es gibt hier zwar überall Kaffee, aber fast nirgends schmeckt er mir. Mittlerweile habe ich in jedem Stadtviertel eine Espresso-Bar ausfindig gemacht, wo er mir halbwegs schmeckt, die Suche hat aber sehr lange gedauert. Wenn die Berliner Kaffee trinken wollen, dann lange und viel. Es gibt Berliner, die bringen ihren Kaffee morgens in einer Thermoskanne mit zur Arbeit und trinken ihn dann tagsüber. Sie trinken mehr Kaffee als ich Wasser trinke. Es gibt Berliner, die setzen sich einen ganzen Tag lang ins Café, bestellen einen Cappuccino und arbeiten acht Stunden lang mit ihrem Mac an ihren sogenannten Projekten.

Als ich noch in Bozen gearbeitet habe, war ich irgendwann kaffeesüchtig. Weil man im kleinen Bozen anstatt lang zu telefonieren sich lieber in der Sportler-Bar auf einen „schnellen Kaffee“ trifft. Ich habe mich bald über zehn Mal am Tag mit irgendwem auf einen „schnellen Kaffee“ getroffen und konnte nachts nicht mehr schlafen. Nach einiger Zeit musste damit Schluss sein, deshalb habe ich von da an abwechselnd Kaffee und Spuma bestellt, das hielt sich dann die Waage. (Spuma! Übrigens auch so ein Heimatgeschmack. Irgendwann habe ich hier in Berlin im Supermarkt Almdudler entdeckt. Das schmeckt zwar nicht genauso wie Spuma, aber zumindest so ähnlich. Almdudler ist mein Spuma-Valium.)

Meinen Kaffee-Komplex habe ich von meiner Mutter. Wenn meine Mutter bis spätestens um elf Uhr vormittags keinen Espresso getrunken hat, ist sie den ganzen Tag nicht ansprechbar. Meine Mutter kennt in jedem Bezirk in Südtirol die Bar, in der der Kaffee am besten schmeckt. Sie weiß in meinem Heimatdorf, welche Bar welche Kaffeebohnen benutzt. Meine Mutter fährt manchmal auf die Autobahn rauf, um an der Raststätte ihren Kaffee zu trinken. Da schmecke er am besten, sagt sie, weil die Maschine rund um die Uhr läuft. Raststätte rein, schnell einen Espresso im Stehen, weiterfahren.

Zwei Schluck Kaffee im Stehen, das verstehen die Berliner nicht. Sie wollen sich hinsetzen, mindestens eine Stunde sitzen, dazu trinken sie einen „Latte Matschiatto“, einen Chai Latte oder einen Cappuccino mit Schaum, alles wahlweise mit Sojamilch oder koffeinfrei. Wenn ich hier einen Espresso bestelle, dann kostet der meistens zwei Euro, die schwarze Brühe ist lauwarm, dafür ist die Tasse bis oben hin gefüllt. Wahrscheinlich meint es der Typ hinter der Bar gut mit mir. So wenig Kaffee für zwei Euro, dann mache ich ihm zumindest die Tasse bis oben hin voll.

Es ist ein Graus.

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