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Vera Mair am Tinkhof
Veröffentlicht
am 05.03.2014
MeinungOne Song One Story

Alles Neu

Veröffentlicht
am 05.03.2014
Fasten soll alles neu, weil besser machen. Wir hätten da ein paar Ideen.
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Heute beginnt die Fastenzeit. Der Gedanke geht wohl darauf zurück, dass Völlerei und Maßlosigkeit im Allgemeinen eine der sieben Todsünden ist, und dass man sich mal mäßigen soll, denn das täte einem nur selber gut. Also wollen wir das mal angehen. Wie kriegt man das am besten hin beim aktuellen Stand der Dinge? Tagespolitisch betrachtet ist das Laster der Gier schon mal durch die allzu großzügigen Rentenvorschüsse unserer Politiker gedeckt. Denn das ist eine Sauerei, da ist man sich einig. Die Empörung ist groß, die Volksseele kocht hoch, und in Facebook-Protesten und zornigen Leserbriefen macht sich der kollektive Unmut Luft – durchaus berechtigt, wie man glauben mag. Rein vom vorösterlichen Gesichtspunkt aus aber bringt die Polemik ein Problem mit sich: Zorn ist ebenso Todsünde wie die zornig verurteilte Maßlosigkeit. Da steht man vor einem Dilemma.

Man könnte das vielleicht eleganter lösen und sich dem Saufgelage in Politikerprivilegien nicht als aufgebrachter Mob entgegenstellen. Tiefgläubig könnte man soweit gehen, dass man auch noch die andere Wange hinhält, wenn von der anderen Seite schon mal wieder so eine Watschen kommt: Da predigt man vor den Wahlen noch den großen Umbruch, davon dass alles besser und schöner und ehrlicher werde, aber anscheinend war das bloß ein Witz – könnte man sagen, wenn man den Hauptakteuren dieser Farce zumindest noch ein wenig Humor unterstellen will. Denn der ist ja bekanntlich, wenn man trotzdem lacht.
Die andere Wange hinhalten also – möglich wären diverse Spendenaktionen, Kleidersammlungen und Almosen anderer Art, vom freigiebigen Volk an die, die es nötiger haben als wir. Das könnte, rein theoretisch, beschämende Wirkung haben, aber in der Praxis scheitert das vermutlich an akuter Schamlosigkeit. Da hätten wir auch schon gleich Todsünde Nummer drei: Wolllust, für die Schamlosigkeit ja Voraussetzung ist. Ein Punkt zu Lasten der gegnerischen Streitpartei.
Es steht also trotz aller Wut immer noch 1:2 zu unseren Gunsten. Nur den Neid könnte man uns noch entgegenhalten, aber damit hat das nichts zu tun – es geht nicht um Geld, das wir selber gerne hätten. Es geht, wenn man das mal unterstellen darf, um einen Glauben, den man uns nicht lassen will, weil wir keine Figuren mehr haben, an die wir glauben dürfen.

In Deutschland verloren mit Anette Schavan, Karl-Theodor zu Guttenberg und Christian Wulff führende Politker ihre Posten, weil man, salopp gesagt, den Verdacht hatte, dass sie nicht ganz sauber waren. Wulff wurde letzte Woche vom Vorwurf der Vorteilsannahme freigesprochen, und man könnte den Prozess und das Drumherum in den Medien für überzogen und unbegründet halten – (so viel Aufwand wegen einer Hotelrechnung von ein paar Hundert Euro?) – aber es spricht von einem Verständnis von einem Rechtsstaat, das man gerne teilen möchte: Dass Politiker mit anderen Maßstäben gemessen werden; dass nicht alles, was rechtlich noch in Ordnung geht, einem öffentlichen Amt auch angemessen ist. Auch wenn diverse Rechtfertigungen für die Bezüge herangezogen werden, auch wenn die Wurzel des Übels italienische Gesetzgebung sei, für die man hierzulande doch nichts kann: Nur weil man kann, muss man noch nicht. Aus dem Handeln im Landtag könnte ein Verständnis von Politik sprechen, das auch Idealismus als einen Maßstab hat – oder ein Selbstverständnis als ein vom Volk gewähltes, dem Volk verpflichtetes Organ der Provinz. Aber von dem sieht man wenig. Man will ja nicht alles Böse unterstellen. Aber ist schon alles ein wenig traurig. Alles was uns bleibt, ist die Faulheit, auf die wir uns als Laster noch besinnen können – zu faul zum Wählen, zu faul zu schimpfen, zu faul für Demokratie – alles in allem, wohl ein Mangel an Begeisterung. Das kann man uns vorwerfen, aber dafür können wir doch nichts.
Wir würden gern glauben, aber das ist uns nicht vergönnt.

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