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Veröffentlicht
am 18.01.2017
LeuteEva Kuen im Porträt

Die Bühnen-Tausendsassa

Veröffentlicht
am 18.01.2017
Eva Kuen ist freie Schauspielerin und Regisseurin, schreibt Theaterstücke und Lieder. Ihr aktuelles Stück polarisiert.
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Es ist schrill, es ist laut und es polarisiert. Das Theaterstück über drei Frauen, die zufällig auf der Damentoilette eines Flughafens aufeinandertreffen. Terroralarm, der Flughafen wird evakuiert, die Toilette abgeriegelt und die eben noch fremden Frauen werden schnell zu Freundinnen fürs Leben – egal wie kurz es in diesem Moment sein mag. Als der große Knall ausbleibt, sind Bettie, Mia und Lore so euphorisiert, dass sie das Glücksgefühl, überlebt zu haben, mit anderen Menschen teilen wollen. Also ziehen sie los und simulieren Anschläge. Ihr ganzes Leben wird eine Performance und schon bald müssen sie feststellen, dass sich Angst leichter verkaufen lässt als Glück.

Es ist ein umstrittenes Thema: „Demut vor deinen Taten Baby” musste bereits Kritik einstecken. Aber das macht nichts. Schließlich will Regisseurin Eva Kuen anecken, polarisieren. Ein Grund, warum sie das Stück gewählt hat. Aber sollte man über ein Thema wie Terrorismus überhaupt ein Theaterstück machen?

Diese Frage hörte Kuen in den vergangenen Wochen oft. Kritische Stimmen meinen nein. Kuen meint ja, denn das Stück mache sich nicht über Terror lustig. Bei genauer Betrachtung sei Terrorismus nicht einmal das Thema des Stücks. Es gehe vielmehr um die Utopie einer Gesellschaft ohne Angst und um die Frage, was ein sinnvolles, selbstbestimmtes Leben eigentlich ausmacht. „Kritik ist oft nicht leicht auszuhalten, man will ja schließlich immer gelobt werden. Aber es ist gut, wenn man eine Diskussion anregt“, sagt sie. Im schwarzen Strick-Cardigan und mit violett-orangen Strickstulpen sitzt sie in der Carambolage. Hier, wo heute Abend wieder „Demut vor deinen Taten Baby” aufgeführt wird. Es ist ihr Heimattheater. Hier hat sie schon bei einigen Stücken Regie geführt und etliche Male selbst auf der Bühne gestanden.

Kleinkunst ganz groß

Der Raum ist überschaubar. Über drei kleine Etagen verteilt stehen die Tische, an denen das Publikum während den Vorführungen sitzt, vorne die Kleinkunstbühne. Die Carambolage unterscheidet sich von vielen klassischen Theatern. „Man kann hier ganz feine Töne spielen“, sagt die Brixnerin. Das sei das schöne an den kleinen Theatern – dass man auch leise spielen kann. Zugleich müsse man kreativ sein. Der begrenzte Raum bietet gestalterisch wenig Möglichkeiten. Auch ein klapperndes Gläser oder der Biss von einem knusprigen Toast kann in der Carambolage zur Herausforderung werden.

Eva Kuen ist heute noch immer aufgeregt vor einer Premiere.

Eva Kuen ist seit 2004 Mitglied des Improtheaters, das vor elf Jahren noch als Eisenwarenlager diente. Das schlauchförmige Kellergewölbe diente am Anfang nur als Bühne für Kleinkunst und Kabarett. Heute gibt es hier hundert Veranstaltungen pro Saison. Darunter neben Theaterstücken und Kabarett auch Konzerte und drei Eigenproduktionen. Die Bühne hat sich für die zeitgenössische Kunst etabliert. Um die 8.000 Interessierte besuchen das Programm des Kellertheaters jährlich.

Schon als Kind will Eva Kuen Schauspielerin werden. Doch diesen Traum behält sie lange für sich. Das schüchterne Mädchen lebt seine Leidenschaft lange nur in der Fantasie aus und traut sich nicht, bei einem Theater in der Schule mitzuspielen.

„Ich denke vor jeder Premiere daran, warum ich den Job überhaupt mache.“

Erst mit 21 Jahren hat Kuen ihren ersten Auftritt. „Damals bin ich fast gestorben, als ich auf die Bühne musste“, sagt sie und lacht. Eine Mutprobe. Später studiert Kuen Schauspiel in Frankreich und New York und nimmt Gesangsunterricht. Dennoch gibt sie das Theaterspielen immer wieder auf. Erst vor zehn Jahren fängt sie dann richtig an. Mit Improtheater und zeitgenössischen Theaterstücken.

Eva Kuen auf der Bühne. Spielen ist nach wie vor ihre Leidenschaft.

Aufgeregt ist sie heute noch immer. „Ich denke vor jeder Premiere, warum ich den Job überhaupt mache“, sagt sie und lacht. „Aber mit der Zeit wird man lockerer.“ Heute macht ihr vor allem das Improtheater Spaß. Vielleicht deshalb, weil sie eine Schauspielerin ist, die sich nicht zu sehr auf ihre Rollen vorbereitet. Sie will „als weißes Blatt zur Probe kommen“ und fühlt sich in jede ihrer Rollen richtig hinein. Oft nicht ganz unproblematisch – wie bei einer ihrer ersten Rollen in „Bash“. Da spielte sie eine Frau, die in der Psychiatrie ist, weil sie ihr Kind umgebracht hat. „Ich habe danach eine Weile gebraucht, das Gefühl wieder loszuwerden“, erklärt Kuen, selbst Mutter eines Sechsjährigen.

Irgendwann möchte Kuen in einem klassischen Stück mitspielen. „Macbeth von Shakespeare wäre schon ein Traum“, sagt sie. „Er ist einfach ungeschlagen.“ Spielpausen nutzt sie für eigene Texte und Musik. Sie hat bereits eine CD aufgenommen und zwei musikalische Programme mit deutsch und französischen Liedern kreiert. Auf die Schauspielerei möchte die 48-Jährige dennoch nie verzichten. Es ist ihre große Leidenschaft.

Ausverkauft

Die erste eigene Produktion als Regisseurin fand in der Carambolage statt: „Greenwich Bye, Bye“. Kuen schreibt das Stück, führt Regie und spielt selbst mit in der schrägen Theaterinstallation. Eine Mischung aus Kunstinstallation und Theater. „Eine super tolle Arbeit, aber spielen und von außen zuschauen, das zerreißt dich fast, das ist schwierig.“

Das Stück „Demut vor deinen Taten Baby” war in Kürze ausverkauft.

Regiesseurin zu werden war nie Kuens Ziel, aber durch die Arbeit als Schauspielerin „ist sie da so hineingeraten“. Heute hilft ihr ihre Bühnenerfahrung bei der Regiearbeit. Bereitet Kuen ein neues Stück vor, hat sie eine ganz bestimmte Herangehensweise: Sie hat eine Vision vom Stück und überlegt, was sie mit dem Stück erzählen will.

Alles andere entsteht dann bei den Proben in Gesprächen und Diskussionen mit den Schauspielern. „Ich finde es immer gut, wenn man sich gegenseitig befruchtet“, sagt sie. Als Schauspielerin weiß Kuen, wie gerne man sich selbst einbringen will und wie unangenehm es ist, wenn einem alles übergestülpt wird. Man müsse eben ein Gleichgewicht finden und ganz wichtig: Spaß haben. Denn diese Spielfreude übertrage sich von der Bühne aufs Publikum. Die Tickets für „Demut vor deinen Taten Baby“ sind bis zum letzten Spieltag ausverkauft.

Da alle geplanten Vorstellungen ausverkauft sind, gibt es neue Zusatztermine am Do 02.02. und Fr 03.02. um 20.30 Uhr.

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