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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 04.07.2017
LeuteModedesigner Jim Unterweger

Mode als Ventil

Veröffentlicht
am 04.07.2017
Jim Unterweger ist Modedesigner. Dabei hatte er mit Mode lange nichts am Hut. Der 22-Jährige studiert eigentlich Mechatronik.
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Jim Unterweger hat zwei Lieblingsfarben: schwarz und weiß. Ein Markenzeichen, an dem man den Meraner sofort erkennt, wenn er in seiner Heimatstadt die Passer entlangschlendert. Trotz 40 Grad Außentemperatur trägt er eine rabenschwarze Hose. Ein weißes T-Shirt und schwarze Birkenstock ergänzen seinen simplen Look, mit dem man ihn sofort in einem hippen Viertel in Berlin aussetzen könnte.

Über seiner Schulter hängt ein Jutebeutel. Mit einem solchen fängt die Geschichte des selbsternannten Modedesigners auch an. „Vor drei Jahren wollte ich mir in Innsbruck einen Beutel kaufen und habe keinen gefunden, der meinen Vorstellungen entsprach“, erzählt Jim, „also habe ich mir einfach selbst einen genäht“. Eigentlich studiert der Meraner Mechatronik. Gerade schließt er seinen Bachelor ab.

Jim Unterweger

Diese erste Begegnung mit dem Schneiderhandwerk hat eine Leidenschaft im 22-Jährigen geweckt, von der er vorher nichts geahnt hatte – obwohl ihm seine thailändische Mutter den Umgang mit der Nähmaschine bereits als Kind zeigte. Nun steht Jims eigene Nähmaschine in seinem Studentenzimmer in Innsbruck.

Dort versuchte sich der junge Modedesigner auch am ersten größeren Stück. „Als eine Sandkastenfreundin Geburtstag hatte, wollte ich ihr ein besonderes Geschenk machen und habe meinen ersten Mantel genäht“, erzählt Jim und rollt gekonnt eine Zigarette. Seine Fingernägel hat er schwarz lackiert. Ein Markenzeichen, wie man auf den vielen Fotos auf seinem Blog erkennen kann.

Was außerdem für Jim steht, sind Klamotten mit Aufdrucken großer Sportmarken, gerade Linien und „ein Mix aus Eleganz und Streetstyle“, wie er selbst sagt. Wenn er etwas näht, lässt er sich von verschiedensten Dingen inspirieren. „Ich schaue mir gerne den Style von Leuten auf der Straße an und natürlich auch Stücke anderer Designer“, erzählt er. Damit aus einem solchen Input ein Kleidungsstück wird, schlendert Jimmy, wie ihn seine Freunde nennen, am liebsten durch einen alten Stoffladen im Innsbrucker Studentenviertel. Dort werde er immer fündig, auch wenn der eine oder andere Stoff manchmal ohne konkrete Idee, was er daraus machen könnte, in seinem Jutebeutel landet.

schwarz und weiß

Anfangs arbeitete der angehende Mechatroniker noch viel mit Möbelbezugsstoffen, weil diese nicht elastisch und damit einfach zu nähen sind. „Mittlerweile verarbeite ich aber alles“, lacht Jim. Eine Ausbildung zum Schneider hat der junge Künstler keine gemacht und er hat auch nicht vor, eine zu absolvieren. Jim hat sich gerade für einen Master in Biomedizinischer Technik in Berlin beworben. Für seine Meisterstücke greift er auf Youtube-Videos und Schnitte in Burda-Zeitschriften zurück. „Wenn man ein Handwerk in einer Ausbildung lernt, schränkt das nur ein. Um mir meine Freiheit zu bewahren, bringe ich mir alle Methoden selbst bei“, sagt er. Schließlich würden auch Schüler der Berufsschule mit Burda-Schnitten das Schneidern lernen.

Jim’s neuestes Stück, ein Kimono

Der Prozess von der Idee bis zum letzten Stich ist das, was Jim am Nähen gefällt: „Ich lebe für den Moment, an dem ich das fertige Stück in den Händen halte.“ Dieses dann zu vervielfältigen oder sogar eine ganze Kollektion daraus zu machen, kann sich der Meraner nicht vorstellen. Das reize ihn zu wenig. Vor allem deshalb, weil ein Künstler nicht mehr das mache, was er will, sobald er seine Stücke von der Stange verkaufe. „Dann entscheidet der Kunde, was du nähen sollst“, schlussfolgert Jimmy.

Obwohl er davon träumt, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen, kann er sich eine Karriere in der Modeszene kaum vorstellen. Lieber möchte er Künstler bleiben, was die Mode betrifft. „Oder die Mechatronik mit der Mode verbinden“, meint Jim und erzählt von smarten Kleider. Mit diesen könne man beispielsweise über eine Berührung des Stoffes einen Anruf am Smartphone entgegennehmen.

Weil er noch nicht genau weiß, was er in Zukunft machen will, hangelt sich Jim vorerst von einem Projekt zum nächsten. Einige Stücke hat er vor Kurzem im Geschäft eines Künstlerkollektivs in Innsbruck zum Verkauf gestellt. Mit anderen veranstaltet er immer wieder eigene Shootings.

Sein jüngstes Projekt ist ein Kurzfilm in Zusammenarbeit mit einem Südtiroler Filmemacher, der in Südafrika studiert. „Für den Film habe ich zwei Hosen, eine Jacke und einen Mantel geschneidert“, verrät Jim. Veröffentlicht werden soll das Video bis Ende Juli. Ob er mit diesem Debüt auch sein eigenes Label startet, weiß Jim noch nicht genau. Einen Namen für ein solches gebe es aber bereits. Fest steht, dass er demnächst eine Hoodie-Kollektion für seinen Bozner Skate-Sponsor schneidern will. Jim ist leidenschaftlicher Skater. Vor allem aber will er viel experimentieren. „Mode ist einfach ein Ventil für meine Kreativität. Damit kann ich mich ausdrücken“, meint er.

Viele seiner kreativen Inputs holt sich der 22-Jährige aus der Skater-Szene. Schließlich sei dieser Sport seit seiner Entstehung eng mit der Mode verbunden. „Viele Trends, die sich in der High-Fashion-Szene etablieren, kommen eigentlich aus der Skateboarder-Szene“, erklärt Jim. Am liebsten näht er jedoch weite, flatternde Mäntel, die auf dem Skateboard eher unpraktisch wären.

Damit ein Kleidungsstück für ihn wertvoll ist, müsse es sich von der Masse abheben – in subtiler Weise, wie etwa durch einen einzigartigen Schnitt. Zuhause in Südtirol falle man mit solchen Outfits schnell auf. Ein Umstand, der Jims Vorfreude auf sein Studium in Berlin steigert. Dort seien die Möglichkeiten für eine Karriere als Modedesigner besser als hierzulande. „In Italien ist die Bürokratie auf dem Weg zur Selbständigkeit eine zu große Hürde“, sagt er, „und vielleicht sind auch die Menschen hier noch nicht bereit für eine solche Mode“.

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