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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 25.07.2017
LeuteJan Langer im Porträt

Künstler mit allen Sinnen

Veröffentlicht
am 25.07.2017
Er trommelt bei „Opas Diandl“, macht Musik mit Löffeln und kreiert Bilder aus Matsch und alten Ästen. Jan Langer ist ein Tausendsassa der Kunst.
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Wenn Jan Langer ins Internet will, muss er seinen Internetstick an einem drei Meter langen USB-Kabel aus dem Fenster hängen und ganz viel Geduld haben. „Das ist meine Nabelschnur zur Welt“, lacht der Musiker. Er sitzt dann am Dachboden eines alten Bauernhauses am Waldrand von Tscherms, das Jan bewohnt. Hier hängen alle seine Instrumente fein säuberlich geordnet an der Wand. Internet braucht der Künstler aber auch nur selten. Höchstens, um sich Youtube-Tutorials anzuschauen, wenn er wieder einmal ein neues Instrument lernen will. „Mein Tag hat aber meistens sowieso zu wenig Stunden“, meint er und beginnt, von seinem Leben und seinen Leidenschaften zu erzählen.

„Es gibt eine unendliche Vielzahl von Trommeln und ich kann nur den kleinsten Bruchteil davon spielen.“

Mit 13 Jahren fing der heute 42-Jährige an, Schlagzeug zu spielen. Den Traum, einmal Musiker zu werden, hatte Jan damals noch nicht. Dass Musik etwas Besonderes in ihm auslöste, spürte er aber schon als Jugendlicher. In hautengen Jeans und mit langen Haaren verbrachte er seine Pubertät als Metal-Fan und tobte sich in verschiedenen Rockbands als Drummer aus. Sieht man ihn heute in seinen hellen, weiten Leinenklamotten durch Meran schlendern, ist das kaum mehr vorstellbar. Auch Jan schlägt bei diesen Erinnerungen heute die Hände über dem Kopf zusammen. Während seines Studium der Philosophie in Innsbruck vernachlässigte er die Musik erst einmal – bis kurz vor dem Studienabschluss. „Damals stand fest: Ich will Musiker werden“, erinnert er sich. Das Psychologiestudium legte er – genau wie die Metal-Karriere – in die Schublade. Drei Jahre verbrachte er anschließend in München, um zu lernen, wie man mit Trommeln Musik macht. „Vor dieser Zeit habe ich immer nach Gefühl musiziert. Irgendwann merkt man aber, dass Musik doch ein Handwerk ist, das man lernen muss“, sagt Jan.

„Kunst braucht keine Kategorien. Entweder sie gefällt, oder eben nicht.“

Das Schlagzeug tauschte er mit verschiedensten Percussionsinstrumenten und tauchte in eine völlig neue Welt ein. Mit seiner Arbeit als Barkeeper und Lehrer finanzierte er sich das Künstlerleben. „Es gibt eine unendliche Vielzahl von Trommeln und ich kann nur den kleinsten Bruchteil davon spielen“, gibt Jan zu. Obwohl er in München hauptsächlich afrikanische und afrokubanisch-brasilianische Trommeln studierte, spielt er mittlerweile lieber die Rahmentrommeln. Der Grund dafür ist simpel: „Sie passen einfach besser zu meinen Projekten.“

Rahmentrommeln stammen aus dem nordafrikanisch-mediterranen Bereich. Sie sind vielfältig einsetzbar – so wie in Jans Herzensprojekt, der Band „Opas Diandl“. Seit zehn Jahren begleitet sie ihn jetzt schon. Jan bezeichnet die vier Musiker der Band und sich selbst gerne als komplexes Gebilde, das einer Beziehung ähnelt. „Es herrscht tiefste Harmonie in der Gruppe, das kann man sich fast nicht vorstellen“, erklärt er. Sieht man die fünf Musiker auf der Bühne, versteht man, was der Percussionist meint: Fünf individuelle Musiker, die für ihr Instrument leben und die Augen schließen, sobald der erste Ton erklingt. Die rhythmischen Melodien scheinen sie mitzureisen. „Das ist genau der Zustand, den wir Musiker suchen“, erklärt Jan „das komplette Verschmelzen mit der Musik. Leider schafft man es nicht immer dorthin.“ Die Musik der Gruppe ordnet Jan irgendwo zwischen neuer Volksmusik und einem Fragezeichen ein. „Wir machen Musik, die uns gefällt“, bringt er es auf den Punkt, „Kunst braucht keine Kategorien. Entweder sie gefällt, oder eben nicht.“

Seine Trommeln legt Jan nur für zwei andere Instrumente ab. Die sind so klein, dass sie in seine Tasche passen: „Wie man Löffel benutzt, um Musik zu machen, musste ich erst in Youtube-Videos lernen. Das war nachdem eine Polka, die wir mit ‚Opas Diandl‘ gespielt haben, zu schnell für meine Trommeln war“, erzählt der 42-Jährige. Das musische Besteck hat ihn so sehr begeistert, dass er mittlerweile sogar Workshops dazu hält. Genauso wie für die Maultrommel. Ein Instrument, das er bei einem Virtuosen in Wien studierte.

„Die Maultrommel ist eines der meistverbreitetsten Instrumente der Welt. Das würde man niemals denken“, erklärt Jan. Das Tascheninstrument wird heute in verschiedensten Ausführungen und mit unterschiedlichsten Techniken gespielt – sowohl rhythmisch, als auch melodisch. Kombiniert man es mit der Atmung, könne man die verrücktesten Dinge damit machen. „Vor 300 Jahren hat es die Kirche als unreines Instrument verboten, weil es die jungen Knappen zum ‚Fensterlen‘ benutzt haben“, schmunzelt Jan. Doch die Musik ist nicht seine einzige Leidenschaft. Erzählt er von seinen Landart-Bildern, werden Jans Augen ganz glasig.

Dazu inspiriert hat ihn der Pionier der Landart-Bilder, Andy Golsworthy. Seit einigen Jahren macht Jan jetzt selbst vergängliche Bilder in der Natur. Zwei bis drei Mal in der Woche ist er dafür alleine im Wald unterwegs. Zuerst sucht er sich den perfekten, einsamen Platz. Dann nutzt er Materialien der Natur, um seine Vision zu verwirklichen. „Die Natur hat mich immer schon glücklich gemacht“, sagt er. Jan beschreibt sich als introvertiertes Kind, das schon immer gerne draußen war. Mit der Land Art intensiviert er sein persönliches Naturerlebnis noch einmal. Bis zu acht Stunden kann es dauern, bis er sein Kunstwerk mit der Kamera festhält. „Meine Sinne werden dabei geschärft“, erklärt er, „die Hände in schwarzen Schlamm zu tauchen, das sind Sinnesempfindungen, die man sonst so nicht erlebt. Das ist wunderbar!“ Das sind Momente höchsten Glücks für den Künstler, für ihn höchstens mit einer guten Musikshow vergleichbar. Auf seinen Bildern zeigt sich die Natur schließlich in einem neuen Gewand.

Eines von Jans Landart-Bildern

Das Kunstwerk, das entsteht, sieht Jan als Geschenk an die Natur und an den jeweiligen Platz, an dem er eine schöne Zeit verbringen durfte. Und es ist für ihn der Beginn eines neuen Kreislaufs: „Die Materialien, die ich verwende, verrotten, werden zu Erde und aus dieser wächst dann vielleicht zukünftiges Material für mich. Dieser Gedanke ist für mich wunderbar.“

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