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Illustrations by Sarah
Teseo La Marca
Veröffentlicht
am 22.11.2017
LeuteSüdtirols politische Zukunft

Jugendfrei

Freiheitliche Jugend und Giovani Democratici (PD) kämpfen um ihre Existenz. Schuld sind Rentenskandal und Casapound. Teil 3 der Jungpolitiker-Serie.
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Matteo Renzi posiert mit den Giovani Democratici Südtirols.

Die Freiheitliche Jugend oder: Ist da jemand?

Die letzten Jahre waren für die Freiheitlichen eine harte Zeit. Der Rentenskandal und ein paar andere Fauxpas machten der Partei, die sich sonst immer als Anti-Privilegien-Partei gab, schwer zu schaffen. Mitglieder verflüchtigten sich, Wählerstimmen wanderten ab. Auch die Jugendorganisation blieb davon nicht unversehrt. Das ging so weit, dass es in den letzten zwei bis drei Jahren so gut wie keine Jugendorganisation mehr gab. Doch in diesem Jahr wollen sich die Blauen wieder aufrappeln. Seit Juni ist Hannes Zingerle offiziell Jugendkoordinator. Gleichzeitig ist er Abgeordneter im Landtag, in den er nachrückte, als Pius Leitner wegen der Penisring-Geschichte verurteilt wurde und als Abgeordneter zurücktrat.

Hannes Zingerle zu Gast bei der Jubiläumsfeier der FPÖ-Jugendorganisation „Ring Freiheitlicher Jugend“

Wird sich mit dem Neuanfang, im Vergleich zu den vergangenen drei Jahren, etwas verändern? Nicht viel, meint Zingerle. Es werde den jungen Parteimitgliedern endlich wieder eine Plattform geboten, ansonsten blieben die Themen mehr oder weniger dieselben. Und die sind bei der Freiheitlichen Jugend im Grunde deckungsgleich mit den Themen, die die Mutterpartei vorgibt. Das kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass ausgerechnet ein Landtagsabgeordneter gleichzeitig auch Jugendkoordinator ist. Doch zurzeit gibt es noch nicht viel, was Hannes Zingerle koordinieren muss. Das hat man mit den Grünen trotz allem gemeinsam: Man ist in der Aufbauphase. „Gerade arbeiten wir darauf hin, wieder in allen Bezirken Ansprechpartner zu haben, sodass es hoffentlich bald wieder eine aktive Landesjugendgruppe gibt“, erklärt Zingerle. Somit kann der Jugendkoordinator auch nur Themen nennen, die ihm persönlich am Herzen liegen:

  • Junges Wohnen: Dem Zeitgeist entsprechend, will Zingerle das Thema unbedingt auf der Agenda haben. Doch wie genau mögliche Lösungen aussehen sollen, müsse man sich erst noch überlegen.
  • Freie Meinungsäußerung: Dass Parteipolitik in Schulen nichts verloren habe, ist ein Credo, das Zingerle noch aus eigenen Schulzeiten kennt. Er bezweifelt aber, ob das richtig ist. Als Schüler politisch Farbe zu bekennen, muss erlaubt sein, ohne dass es Druck oder Diskriminierungen vonseiten der Lehrer gibt, fordert Zingerle. Für Vorfälle, wo das Gegenteil erfolgt, soll es einen Ansprechpartner geben, dem man die Fälle melden kann, sodass auch eine öffentliche Diskussion darüber zustande kommen kann.
  • Einstieg in die Arbeitswelt: Gerade für junge Leute, die aus der Pflichtschule kommen, ist es oft nicht einfach, übergangslos ins Arbeitsleben einzusteigen. Das soll erleichtert werden, indem informative Broschüren erarbeitet und zur Verfügung gestellt werden.

Simon Auer, heute Geschäftsführer der Freiheitlichen und 30 Jahre alt, war lange Zeit selbst Mitglied der Freiheitlichen Jugend. Vor dem Kollaps im Zuge des Rentenskandals, erinnert er sich, gab es auch Themen auf der Agenda wie die prekären Arbeitsverhältnisse der jungen Erwachsenen, ein Problem, das laut Auer immer noch hochaktuell ist. „Die Lage wäre besser, wenn man den Generationenpakt, der vom Landtag 2013 beschlossen wurde, endlich umsetzen würde“, sagt Auer. Der Pakt sähe eine stufenweise Ersetzung von Senioren durch junge Arbeitskräfte vor. Wichtig wären für Auer auch das Thema der Sicherheit im Südtiroler Nachtleben oder das Ziel, Südtirol für Heimkehrer attraktiver zu machen, etwa durch Steuererleichterungen oder die Erhöhung von Forschungs- und Entwicklungsausgaben, wo Südtirol aktuell hinter dem Trentino liege.

Die Giovani Democratici oder: Die Abgehängten

Wie bei den Young Greens muss man auch bei den Giovani Democratici kein Parteimitglied sein, um bei den Sitzungen der Nachwuchsdemokraten teilzunehmen. Dadurch will man jedem die Möglichkeit geben, am politischen Diskurs teilzunehmen. Der dreht sich beim PD, einer italienischsprachigen Partei, allerdings erwartungsgemäß hauptsächlich um Bozen.

Bei Alessandro Huber im PD-Büro

Der neue Jugendsprecher ist Paolo Sticcotti, doch das Gesicht, das mit der jüngeren PD-Generation verbunden wird, ist nach wie vor jenes von Alessandro Huber. Der Bozner Gemeinderat und seit kurzem PD-Sekretär für Südtirol, der zu Schulzeiten noch ein überzeugter Rifondatore Comunista war, hat für die Jungen weiterhin eine Art Mentorfunktion und einen guten Überblick über das, was man sich von den Giovani Democratici erwarten kann:

  • Legalisierung von Cannabis: Das Thema teilen sich die Giovani Democratici mit den Grünen. Doch auf nationaler Ebene unterstützt nicht jedes PD-Mitglied das Anliegen. Vor allem bei der älteren Generation gibt es Widerstand.
  • Ius soli: Die Jugendorganisation unterstützt das Projekt der Mutterpartei, das ius sanguinis (nur wer von italienischen Staatsbürgern abstammt, erhält die Staatsbürgerschaft) durch das ius soli (wer auf italienischem Boden geboren wird, erhält die Staatsbürgerschaft, sofern gewisse Bedingungen erfüllt sind) zu ersetzen.
  • Zweisprachige Schulen: Unter italienischen Parteien wurde diese Idee inzwischen von ausnahmslos allen aufgegriffen, sogar von Casapound. Man hat erkannt, dass die Beherrschung der deutschen Sprache unumgänglich ist, um auf dem Südtiroler Arbeitsmarkt bessere Chancen zu haben.
  • Nightliner: Den gibt es zwar in vielen Teilen Südtirols bereits, doch gerade in der Landeshauptstadt sei es oft ein hochkompliziertes Unterfangen von einem Ende der Stadt zum anderen zu kommen, zum Beispiel von der Altstadt zur Diskothek „Life“ in der Industriezone, beklagt Huber.
  • Jugendkultur: Auch die Jugendkultur haben sich die Giovani Democratici auf die Fahnen geschrieben. Auf die Frage, ob das angesichts zweier PD-Bürgermeister, unter denen es ein Verbot nach dem anderen gab, überhaupt glaubwürdig ist, antwortet Huber: Mit anderen Parteien wäre es noch schlimmer gewesen. Das Problem von Bozen sei, dass es kein größeres Areal gibt, wo man feiern kann, ohne dabei andere zu stören.

Das sind einige Themen, die anzugehen sind. Doch das größte Problem, das die Giovani Democratici in Bozen haben, heißt Casapound. Die Neofaschisten sind gerade in den Schulen am stärksten. Mit einer gewissen zynischen Resignation beobachtet Huber, wie ausgerechnet die Faschisten dem PD die ehemalige Wählerschaft, die Arbeiterklasse, wegnehmen. „Die Message ‚Scheiß Neger‘ ist halt leichter zu verstehen als eine Ausführung etwa über makroökonomische Zusammenhänge“, seufzt Huber. Außerdem habe sich der PD zu sehr von seiner Wählerschaft entfernt, gesteht Huber. Er blickt dabei auf sich selbst, ein „Studierter“, der über die Probleme der Arbeiterschaft zwar viel weiß, aber selbst noch nie in einer Fabrik gearbeitet hat. Sein rechtsextremer Konkurrent im Gemeinderat, Andrea Bonazza, hat hingegen eine schulische Karriere hinter sich, die bei der dritten Mittelschule schon ihr jähes Ende fand. Paradoxerweise ist genau das sein großer Vorteil.

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