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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 30.01.2018
LeuteSüdtiroler Tänzerin in L.A.

Im Beat des Lebens

Veröffentlicht
am 30.01.2018
Wie schnell Träume wahr werden können, beweist Valentina Bagnis. Nach ihrer Reise nach Los Angeles, in die Wiege des Westcoast Hip Hop, bringt sie diesen nun nach Südtirol.
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Mit ihren blau-violetten Haaren erkennt man Valentina Bagnis bereits von Weitem. Passend zur ausgefallenen Frisur trägt die Rittnerin knallig blaue Kopfhörer. Während sie das morgendliche Treiben auf dem Bozner Obstmarkt beobachtet, füllen die vulgären Texte von US-Rapperin Cardi B ihre Ohren. Immer wenn die 24-Jährige einen Hip-Hop-Beat wie diesen hört, hat sie Bilder im Kopf, die sie am liebsten gleich tanzen würde.

Im Gegensatz zu anderen Tänzern hegt Valentina diesen Berufstraum nicht schon seit ihrer Kindheit. Nachdem sie in der Grundschule Teil der Kunstturner auf dem Ritten war, hat sich das Tanzen zu Oberschulzeiten nur auf die Wochenenden in der Diskothek reduziert. Schließlich hat es Valentina zum Astronomiestudium nach Wien gezogen. „Nach zwei Jahren in Wien bin ich morgens irgendwann aufgewacht und musste mich zwingen, in die Uni zu gehen“, erzählt Valentina. Ein Schlüsselmoment für die junge Studentin.

Schon seit einigen Jahren hatte sie verschiedenste Videos des „Millennium Dance Complex” in Hollywood auf YouTube verfolgt. In der prominentesten Tanzschule Hollywoods haben Top-Stars wie Beyoncé, Jennifer Lopez oder P. Diddy gelernt, richtig mit ihrem Körper umzugehen. Und genau dorthin will nun auch Valentina. Innerhalb eines Tages ist das Zimmer in Wien geräumt und die Rittnerin wieder zurück in der Heimat. „Genau so bin ich“, sagt sie und grinst, „schrecklich“. In Südtirol unterrichtet sie erstmal für ein Jahr in ihrer ehemaligen Oberschule in Meran Physik und spart an die 10.000 Euro zusammen. Vergangenen Herbst bricht Valentina schließlich nach Los Angeles auf, um von den besten Lehrern der Welt unterrichtet zu werden. Frei nach ihrem Motto: „If you can say it, you can do it“.

Valentinas Crew

Drei Monate verbringt die 24-Jährige in Los Angeles. Inmitten von Tänzern aus Russland, Ecuador, Spanien und dem Rest der Welt lernt sie von den besten Lehrern echten amerikanischen Hip Hop. Ein Begriff, der seinen Ursprung im New York der 70er-Jahre findet. Kool Dj Herc wird allgemein als erster DJ der Szene genannt, der die Beats aus Funk-, Soul- und Discostücken wiederholt und abwechselnd montiert. Bald schon tauchen auf seinen Partys erste Breakdancer auf, die zur neuen Musik tanzen. Etwa zehn Jahre später entsteht an der Westküste eine neue Hip-Hop-Strömung, die internationale Größen wie Ice-T, Snoop Dog oder Eminem hervorbringt. „Hip Hop ist ein superweiter Begriff“, erklärt Valentina. Allein schon ihre 15 Lehrer in L.A. hatten allesamt einen ganz eigenen Stil. „Der eine tanzt jazziger, der andere mehr auf die Beats, wieder ein anderer mehr Off-Beat.“ Los Angeles sei jedoch die Hip-Hop-Hochburg schlechthin. Stil, Rhythmusgefühl und Musikalität seien mit dem Hip Hop in Europa kaum zu vergleichen.

Täglich standen für die motivierte Neo-Tänzerin an die fünf Stunden Training auf dem Programm. „Ich konnte es kaum glauben, als ich in der IDA das erste Mal vor dem Spiegel getanzt habe“, erzählt Valentina und zieht ihre Schultern heute noch etwas eingeschüchtert zurück. „Diese Leute haben mit Profis wie Nicki Minaj, Beyoncé oder Rihanna zusammengearbeitet und dann stehe ich mit ihnen im Studio. Unglaublich.“ An die 50 Schüler ahmen dort jede Stunde die Choreographien des Lehrers in der ersten Reihe nach. In einem zertifizierten Drei-Monats-Programm werden Tänzer in klassischen und kontemporären Tanzstilen ausgebildet, um fit für die Tanzindustrie des 21. Jahrhunderts zu sein. „Sobald die Musik den Raum erfüllt hat, waren wir Tänzer plötzlich alle eins“, erzählt Valentina, „eine gewaltige Energie.“ Für die junge Tänzerin geht ein Traum in Erfüllung. Wenn sie von L.A. erzählt, strahlt sie. So sehr, dass das kleine Muttermal oberhalb ihrer Oberlippe fast verschwindet.

„Nach LA habe ich mich selbst so akzeptiert, wie ich bin.“

Neidszenen wie in den klassischen Tanzfilmen gab es in der IDA wohl nie. Wenn es nach Valentina geht, mache es eigentlich gar keinen Sinn, sich beim Tanzen zu vergleichen. Jeder drücke sich in seinen Bewegungen schließlich anders aus, und jeder habe seinen eigenen Stil. „Aber trotzdem macht man es“, meint die Rittnerin und schüttelt grinsend über sich selbst den Kopf. Vor allem die klassischen Stunden, wie Ballett, haben sie gefordert. So sehr, dass die anfängliche Faszination bald schon in Muskelkater, schließlich aber doch in Selbstbewusstsein übergegangen ist. Die drei Monate haben Valentina sehr verändert. „Trotz Schmerzen habe ich immer weiter gemacht und bin als anderer Mensch zurückgekehrt“, meint sie heute. „Nach LA habe ich mich selbst so akzeptiert, wie ich bin.“ In L.A. bleiben will sie aber nicht. Zu einladend sei die Idee, etwas mit nach Südtirol zu bringen, was es dort in dieser Form noch nicht gibt.

Valentina in L.A.

Nirgendwo sonst kann Valentina die Negativität aus dem Alltag so ausblenden wie beim Tanzen. Sich zur Musik in ihren ganz eigenen Bewegungen auszudrücken, verleihe ihr ein Gefühl von kompletter Freiheit. „Für mich war es immer schon schwierig, nicht zu tanzen, wenn irgendwo Musik spielt“, meint die Rittnerin. Ein solches Gefühl habe man im Blut oder eben nicht. Dabei sei es ganz egal, ob man den Schritt kann oder nicht. Hauptsache man strahle etwas aus beim Tanzen. Und genau das will Valentina zurück in Südtirol als frisch gebackene Tanzlehrerin auch ihren Schülern vermitteln. Seit einiger Zeit unterrichtet die 24-Jährige den Hip Hop aus L.A. nämlich auch in Bozen. Es stört sie, dass auf Bewegung in der Schule so gut wie gar kein Wert gelegt wird. Alles, was zählt, seien die Noten. Und das bringe in Valentinas Augen niemanden weiter. „In meinen Stunden sollen sich die Leute endlich wieder selbst spüren“, erklärt die Tanzlehrerin.

Ihren eigenen Stil kann Valentina nicht beschreiben. Irgendwo zwischen Hip Hop, Dancehall und dem, was ihr Körper von ganz alleine zur Musik macht. Ihre neuesten Choreographien postet Valentina gerne auf ihrem Instagram Profil. In Zukunft möchte sie mindestens einmal im Jahr zurück nach L.A., um ihre „Skills“ immer wieder zu verbessern. Und auch der Traum von einer eigenen Tanzschule ist da noch irgendwo in Valentinas Kopf. Dass auch der irgendwann wahr werden wird, daran zweifelt sie nicht. Wenn man es aussprechen kann, kann man es schließlich auch tun.

Am 10. und 11. März gibt Valentina einen Workshop mit Videoshoot im Papperlapapp in Bozen. Anmeldungen unter: bagnis.valentina@yahoo.de

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