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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 01.03.2018
LeuteKünstler Stefan Fabi

Formen des Lebens

Veröffentlicht
am 01.03.2018
Stefan Fabi kreiert Skulpturen, mit denen er das Rad des Alltags anhält und zum Nachdenken anregt. Inspirieren lässt sich der Künstler vom Leben.
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Stefan Fabi ist Frühaufsteher und auch heute Morgen bereits seit einigen Stunden auf den Beinen. In einen dunkelblauen Schurz gehüllt steht der Marlinger Künstler mitten in seinem Atelier, wo er an neuen Projekten feilt. Es duftet nach frisch bedrucktem Papier und Holz. An Wäscheleinen, die sich quer durch den Raum ziehen, hängen große Bilder. Wie kleine Stücke von Fabis großen Ideen stehen und liegen auf den Werkbänken Entwürfe aus Holz, Papier, Polysterol und Karton. Mittendrin putzt Praktikant Simon mit einer Stahlbürste die Federn eines alten Lattenrosts.

Fabis Werkstatt

Als Stefan Fabi zwei Jahre alt ist, stirbt sein Vater. Der Lithograph hinterlässt seinem Sohn sämtliche Gerätschaften, die für den Jungen im Laufe der Jahre vom Spielzeug zum Handwerkzeug werden. Weil der Autodidakt immer schon gerne zeichnet und gut in Mathematik ist, schickt ihn seine Mutter in die Geometerschule nach Bozen. „Ich bin so ungern in die Schule gegangen, dass ich in der vierten Klasse sogar aussteigen wollte“, erinnert er sich.

Durch einen Lehrer fand der junge Kunstliebhaber jedoch den Weg zur Malerei und eröffnete mit 17 Jahren sein erstes eigenes Atelier. „Nur das hat mir geholfen, das letzte Schuljahr zu überwinden“, meint Fabi heute. Die fünfte Klasse der Oberschule verbringt er damit, viel zu lesen, während des Unterrichts Skizzen anzufertigen und nachmittags schließlich seine Werke zu malen. Ein Jahr später folgt Fabis erste Ausstellung.

I’M – Leinen auf Spanplatte

Als Geometer wollte er eigentlich nie arbeiten. Viel lieber wollte der junge Rebell als Selbstversorger leben und hat sich dafür sogar einige Grundstücke in der Toskana angesehen. „Dieses ‚nie‘ wurde mir aber bald schon zum Verhängnis“, erinnert sich der Künstler und grinst. Kurz nach der Matura wurde er Vater und musste notgedrungen Praktikum und Geometerprüfung absolvieren, um Geld zu verdienen.

In seinem Atelier richtet sich Stefan Fabi schließlich auch ein Büro ein. Auf beiden Schienen professionell zu fahren, sei aber nicht gut machbar gewesen. Deshalb habe er sich damals ganz bewusst für den Weg als Künstler entschieden. „Heute fängt mein Leben nicht erst nach Feierabend an“, meint er, „als Künstler arbeite und lebe ich immer. Trotzdem trage ich die Bürde, Geld mit meiner Leidenschaft verdienen zu müssen“.

Frauen – Holzschnitt auf Leinwand

Die ersten Jahre als Künstler gestalten sich schwierig. Bei manchen Ausstellungen kommt stundenlang kein einziger Besucher. „Lob und motivierende Worte sind super für einen Künstler, aber von einem ‚Mach weiter so!‘ kann man eben nicht weitermachen“, erklärt der Marlinger. Dann lernt er die Meraner „Offizin S“ von Siegfried Höllrigl kennen. Hier in der letzten Handdruckerei weit und breit verschafft Fabi sich einen Zugang zu Holzschnitten und findet den Weg aus der Malerei in die Plastik.

Der Holzschnitt sei eine ideale Technik für ihn: „Man gibt einer Form eine Farbe und einer anderen Form eine andere Farbe. Druckt man diese übereinander, ergibt das auf Papier nochmal eine neue Farbe. Jeder Holzschnitt für sich behält aber seine Ursprungsfarbe“, erklärt der Künstler präzise und zieht sogleich den Vergleich zur Kommunikation: Obwohl man miteinander spricht, behält jeder sein eigenes Konzept von Sprache und nichts verschwimmt. Dann nimmt Fabi einen Schluck Ingwertee und dreht die Heizung etwas auf. Im Büro seines Ateliers ist es kühl.

Frauen – bereit zum Druck

Aus einem Entwurf auf Papier entsteht ein Holzschnitt und erst in der Druckerei wird daraus ein Kunstwerk auf Papier. „Eigentlich stecken drei verschiedene Berufsbilder und Künstler hinter einem Druck“, erklärt Fabi.

Zu Zeiten seines Vaters konnte man seinen Holzschnitt nur in Innsbruck oder Verona drucken lassen – ein Tagesausflug für einen einzigen Druck. „Durch die ganzen Drucker haben wir heute theoretisch mehr Zeit, praktisch haben wir aber gar keine“, meint der Denker und grinst, „denn statt einem Foto muss heute jeder zehn, hundert oder tausend produzieren. Und so sind wir wieder am gleichen Punkt.“

Eine Tatsache, die den Künstler nervt und ein System, aus dem er trotzdem nicht ganz ausbrechen kann. Allein in Fabis Arbeitszimmer stehen drei Computer. Vor allem für seine Entwürfe und Berechnungen brauche er diese. Doch wenn er ein Kunstwerk drucken lässt, dann nur in verschwindend geringen Auflagen.

Druckstöcke sind mittlerweile nur noch ein Teil seiner Arbeit. Im Laufe der Jahre hat Fabi sie immer tiefer geschnitzt, bis sie schließlich zu einem eigenständigen, dreidimensionalen Objekt wurden. Die Genialität hinter den Formen dieser Skulpturen fällt erst auf den zweiten Blick auf: „Irgendwann habe ich den Menschen auf einem Bild in Teile zerlegt. Das war der Moment, an dem ich verstanden habe, dass wir alle und sogar die ganze Natur in dieselben Formen zerlegbar sind.“

Die Ursprungsformen, die sich am Ende in Fabis Arbeiten wiederfinden, sind frei von jeglichem Detail und symbolisieren für ihn den Menschen. Eine Basis, die in jedem von uns gleich aussieht und uns dadurch auch alle gleich macht.

Seine Inspiration stamme zu hundert Prozent aus dem Leben. So ist wohl auch Fabis aktuelles Projekt entstanden. „Der Schwarze Mann“ ist eine dokumentarische Installation in Zusammenarbeit mit dem Filmemacher Manfred Bernard.

Immer wieder finden im Atelier in Marling auch Flüchtlinge ihren Platz. Fabi bezeichnet sie als unsere Spiegel, in die wir ungern einen Blick wagen. „Ein Künstler hat aber die Aufgabe, das Rad anzuhalten und Dinge bewusst zu machen“, meint der Autodidakt.

Sein eigenes Rad wird immer wieder von seiner Familie angehalten. Ohne an Geld zu denken, konnte Stefan früher einfach an seinen Ideen arbeiten, Werke produzieren und in Ausstellungen verkaufen – oder auch nicht. Mit vier Kindern ist das heute anders. „Die Familie hat mir gelernt, konsequent zu arbeiten. Sie gibt mir einen Rhythmus, in dem es immer wieder Pausen in meiner Kunst gibt“, erklärt er. Um nicht auszubrennen, seien diese überlebensnotwendig.

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