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Mara Mantinger
Veröffentlicht
am 27.12.2016
LeuteAuf a Glas'l mit einer Make-up Artist

Die Make-up-Künstlerin

Veröffentlicht
am 27.12.2016
Als Make-up Artist in Berlin arbeitet Melissa Righi bei der Fashion Week oder beim Film. Ein Gespräch über Schönheit und das verrückte Mode-Business.
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Melissa Righi im Cafe

Melissa Righi zeigt, wofür sie steht: Ihre Kleidung und ihr Make-up machen deutlich, dass sie keine klassische Visagistin ist, die Beauty-Make-up für Bräute macht. Melissa arbeitet als Make-up Artist. Sie schminkt Models für Fashion Weeks und Fotoshootings, Schauspieler für Filme und Kunden bei ihrem Halbtagesjob bei der bekannten Marke MAC.

Wie kam es dazu, dass du Make-up Artist geworden bist?
Ich war mir nach der Matura eine Weile lang unsicher, was ich machen sollte und habe einiges ausprobiert. Dann bin ich auf das Berufsbild des Make-up Artist gestoßen, und mir ist klar geworden, dass hier alles vereint ist, was mir gefällt: Kunst, Mode, Sprachen, Zeichnen, mit Menschen arbeiten, Musik, Management und Organisation. Da ich in Berlin, wo ich zu dem Zeitpunkt lebte, keine Schule gefunden habe, die mich überzeugt hat, bin ich für meine Ausbildung für ein Jahr nach Mailand gezogen. Dort gibt es super Ausbildungsmöglichkeiten.

Du warst in Mailand dann auch sofort bei der Fashion Week dabei. Wie war das?
Das war eine große Sache. Ich hatte das Glück, im Rahmen meiner Ausbildung einen italienweit ausgeschriebenen Contest gewonnen zu haben. Als Preis durfte ich einen weiteren Kurs machen, bei dem es um Stilberatung ging. Und ich durfte eben bei der Mailänder Fashion Week für Fendi, Moncler, Dolce&Gabbana und viele andere große Marken schminken. Unter anderem durfte ich dabei auch Celebrities wie Courtney Love schminken – das war sicher einer der aufregendsten Momente. In Mailand habe ich offenbar gut gearbeitet, ich wurde weitervermittelt und habe schnell viele Aufträge bekommen. Ich war dann auch bei der Berliner Fashion Week dabei. Da ist mir etwas Witziges passiert: Ich habe für einen Designer geschminkt, Dimitri. Ich wusste nicht, dass er auch Südtiroler ist, und plötzlich habe ich ihn im Dialekt auf der Fashion Week reden hören. Da mussten wir beide lachen.

Melissa in Aktion bei der Berlin Alternative Fashion Week

Es ist auch kürzlich ein Film erschienen, an dem du mitgearbeitet hast.
Ja, das Filmprojekt liegt mir echt am Herzen. Eric Stehfest, ein Freund von mir, und sein Kollege Lorris Blazejewski drehen Kurzfilme zum Themenkomplex „Abhängigkeit“. Aus dem Kurzfilm ist ein Film von 75 Minuten geworden, mit dem Titel „Trieb“. Es ist ein Tanzfilm. Wir hatten kürzlich Premiere, die war bombastisch: Der Kinosaal war ausverkauft. Wenn man da im Kino sitzt und weiß, man ist Teil dieser Arbeit, dann ist das richtig beeindruckend.

Warum hast du dich für den Fashion-Bereich entschieden?
Es ist einfach ein Bereich, in dem man sich kreativ ausleben kann. Designer sind meist einfach coole Leute, die sehr offen sind. Beim Theater beispielsweise muss eine Person auf eine bestimmte Art und Weise geschminkt sein, die zum Charakter passt. Da kann ich nicht einfach einen schwarzen Strich quer durchs Gesicht ziehen, weil mir das gefällt. Wenn ich mit Designern arbeite, die ein Fotoshooting für eine Kollektion machen, und sie sehen, wie ich arbeite, dann sagen viele: Schau, hier ist meine Kollektion, mach was du willst, ich vertraue dir. Da kann ich einfach viel kreativer arbeiten, als wenn schon vorgegeben ist, was rauskommen soll.

Du arbeitest aber auch halbtags für die Marke MAC …
Mir gefällt dieser Ausgleich. Wenn ich im Fashion-Bereich arbeite, dann habe ich mit Models, Designern und allen möglichen verrückten Leuten zu tun, viele viele „pazzi“. Ich brauche diesen Ausgleich – dass ich auf der einen Seite mit so besonderen Leuten arbeite und dann wieder mit ganz normalen Menschen. Ich würde durchdrehen, wenn ich nur in einem der beiden Bereiche arbeiten würde – egal in welchem. Und bei MAC arbeite ich, weil es einfach eine besondere Marke ist, hinter der ich komplett stehe. Es wird nach dem Motto „all ages, all races, all sexes“ gearbeitet, und das sieht man im Alltag: Es kommen Schülerinnen für ihren ersten Lippenstift, ältere Damen für Rouge und Drag Queens für den neuesten Nagellack. Es kommen auch viele mit einer sehr hellen oder dunklen Haut, die bei den gängigen Labels keine Farben finden, die zu ihnen passen. Es wird niemand ausgeschlossen. Und neben der Beratung bin ich auch dafür verantwortlich, den täglichen Look zu entwickeln, was mir wiederum meine künstlerische Freiheit lässt.

Du hast also deinen Traumberuf gefunden?
Ja, absolut. Mein Traum wäre es noch, in eine bestimmte Agentur reinzukommen und irgendwann bei der New York Fashion Week zu schminken. Ich setze mir immer kleine Ziele, und habe bis jetzt alle erreicht, die ich mir so vorgenommen habe: Ich habe eine eigene Wohnung in einer Stadt, in der ich mich wohl fühle. Hier kann ich so sein, wie ich bin und niemand schaut mich blöd an, weil ich mal anders angezogen bin. Was die negativen Seiten betrifft …

… genau danach wollte ich dich gerade fragen.
Natürlich gibt es auch Schattenseiten. In meiner Branche gibt es wenig Möglichkeiten, einen Freund zu finden: Es arbeiten mehr Frauen als Männer in der Fashion-Branche, und die meisten Männer, die hier arbeiten, sind homosexuell. Außerdem sind viele Männer davon überfordert, eine „donna in carriera“ kennenzulernen, die dann auch noch viel mit Männern zu tun hat, die einfach richtig gut aussehen. Wenn ich jemanden schminke, bin ich dieser Person natürlich sehr nahe. Viele sind dann schnell eifersüchtig. Und klar, ich habe auch nicht viel Zeit. Manchmal fragt mich jemand: Gehen wir heute was trinken, und dann muss ich sagen: Sorry, ich habe erst heute in genau neun Tagen um diese Uhrzeit Zeit, vorher bin ich komplett ausgebucht. Das können viele einfach nicht verstehen. Das ist für mich wirklich eine Schattenseite. Berlin ist da aber vielleicht auch allgemein eine schwierige Stadt, weil viele Leute hier im „passaggio“ sind, es gibt wenige, die sich hier für immer etwas aufbauen wollen.

Am Filmset von “Triebe” mit Eric Stehfest

Und hast du vor, in Berlin zu bleiben?
Ja. Ich habe einfach gemerkt, ich kann in jede Stadt gehen, sie kann richtig toll sein, aber ich freue mich einfach immer wieder, zurück nach Berlin zu kommen. Ich fühle mich hier zu Hause. Ich kann mir schon auch vorstellen, in eine noch größere Stadt zu ziehen – für mich ist Berlin einfach oft schon ein bisschen zu klein. Das klingt ein wenig komisch, aber ich treffe immer wieder Leute auf der Straße, die ich kenne. Ich kann mir deshalb gut vorstellen, ein paar Jahre in New York zu leben. Aber auf jeden Fall in einer größeren Stadt, und wenn, dann für einen Job.

Was ist Schönheit für dich?
Schönheit ist besonders bei der Arbeit bei MAC ein Thema, deshalb kommen Kunden ja zu uns. Ich sage aber immer: Make-up lässt zu, dass du dich wohler fühlst, aber es ist nicht alles. Man muss sich zuallererst ungeschminkt wohl fühlen, und wenn man das geschafft hat, ist alles andere nur ein Extra. Das klingt zwar nach Klischee, aber wahre Schönheit kommt nun mal von innen. Und in der Fashion-Branche geht es klarerweise nicht um Schönheit, sondern um Kunst. Das ist es ja, was oft bei Fashion Weeks kritisiert wird: Das ist doch gar nicht mehr schön. Ja, klar, es ist nicht mehr schön, eben weil es Kunst ist.

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