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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 09.02.2017
LeuteSattlerin Katharina Lunger

Das Gummerer Cowgirl

Veröffentlicht
am 09.02.2017
Katharina Lunger aus Gummer ist Sattlerin. Um das Handwerk zu erlernen, ist sie eigens nach Amerika zum 80-jährigen Cowboy Dale gereist.
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Katharina Lunger und einer ihrer zwei Hunde.

Es sind genau elf Kehren bis man vom Eggental nach Gummer kommt. Wenn man den Wald, der die Straße säumt, erst hinter sich lässt, eröffnet sich ein Blick auf Südtirols Bergwelt. Ein Blick, den auch Katharina Lunger von ihrer Werkstatt aus genießen darf. Inmitten von Lederstücken sitzt sie heute Vormittag an ihrem großen Arbeitstisch am Fenster. In der linken Hand ein Eisenstäbchen, in der rechten Hand einen Hammer. Rhythmisch klopft sie mit dem Hammer auf das Stäbchen, das gleichzeitig eine kleine, geometrische Form im weichen Leder hinterlässt. Nach jedem Schlag rückt sie das Stäbchen ein Stück weiter, bis ein schönes Muster auf dem Lederstück zu erkennen ist. [[{“fid”:”22091″,”view_mode”:”teaser”,”fields”:{“format”:”teaser”,”field_description[und][0][value]”:”%3Cp%3Everschiedenste%20Stanzen%3C%2Fp%3E%0A”,”field_description[und][0][format]”:”full_html”,”field_imagesource[und][0][value]”:”Lisa Maria Kager”,”field_tags[und]”:””},”type”:”media”,”link_text”:null,”attributes”:{“height”:213,”width”:320,”class”:”media-element file-teaser”}}]]

Katharina Lunger ist Sattlerin. Ein Handwerk, das es in Südtirol, aufgrund fehlender Nachfrage, nicht mehr so oft gibt. „Heutzutage kriegt man relativ gutes Zeug um wenig Geld. Sättel aus schlechtem Leder und fast schon aus Karton“, erzählt Katharina entsetzt. Von Plastik und Fieberglas als Sattelmaterialien hält sie nicht viel. Ihre Sättel sind Maßanfertigungen aus Holz und Leder. „Nur so kann der Sattel noch leben und behält eine gewisse Flexibilität auf dem Pferderücken“, meint sie. Bereits in der Mittelschule hat die Gummererin mit Leder gearbeitet, sich selbst Geldtaschen und Schlüsselanhänger gefertigt. Cowboy und Indianer faszinierten sie. „Schon damals wusste ich, dass ich einmal Sattlerin werden will“, sagt Katharina und grinst. Für die Berufsschule hätte sie aber nach Niederösterreich müssen. „Das war mir nach der Mittelschule nicht nur zu früh, ich wollte auch nicht auf die typische Art und Weise das Handwerk lernen“, erzählt sie. Deshalb brach Katharina erst mit 22 Jahren nach Abschluss der Oberschule für ihre Ausbildung nach Amerika auf. „Ich wollte das Handwerk dort lernen, wo es Tradition hat. Dann spürt man das ganz anders“, meint Katharina. Sechs Wochen verbrachte sie in Montana, fünf davon bei Dale. Einem 80-jährigen Sattelmacher und Horseman, der bereits als junger Mann Cowboy war und später neben seinem Beruf als Lehrer immer Sattelmacher blieb. Ein Handwerk, das gelernt sein muss. Schließlich spielen beim Bau eines Sattels von den Muskeln und dem Skelett des Pferdes bis zur Statur des Reiters verschiedenste Faktoren eine Rolle. Gemeinsam mit zwei anderen Schülern durfte Katharina das alte Handwerk bei Dale lernen und dabei direkt in seiner Werkstatt wohnen. „So haben wir oft noch bis spät in der Nacht gearbeitet“, erinnert sie sich.

Katharina erklärt die Einzelteile

Heute, fast fünf Jahre später, hat sich die junge Handwerkerin ihren Traum erfüllt und arbeitet in ihrer eigenen Werkstatt gerade an ihrem sechsten Sattel. Dieser steht ganz majestätisch auf einem Bock in der Mitte des Raumes. Einige Teile sind bereits mit Leder bespannt, an anderen kann man den Kern des Ledersitzes noch erspähen. Das Herz des Sattels, der sogenannte Sattelbaum, wird aus Holz gefertigt und mit Rohhaut, ungegerbter Haut, überzogen. Nachdem Katharina bei einer Bestellung die Maße des Pferdes genommen und mit Schablonen auf Papier gebracht hat, schickt sie diese nach Amerika. Dort entsteht der individuelle Sattelbaum und wird schließlich per Post in großen Kartons wieder zurück nach Gummer geschickt. „Das kann einen Monat aber oft auch drei dauern“, erzählt Katharina, „je nachdem wie viel die dort drüben zu tun haben.“ Vielleicht will Katharina gerade deshalb irgendwann lernen, ihre eigenen Sattelbäume zu fertigen. [[{“fid”:”22104″,”view_mode”:”teaser”,”fields”:{“format”:”teaser”,”field_description[und][0][value]”:”%3Cp%3EDas%20Horn%3C%2Fp%3E%0A”,”field_description[und][0][format]”:”full_html”,”field_imagesource[und][0][value]”:”Lisa Maria Kager”,”field_tags[und]”:””},”type”:”media”,”link_text”:null,”attributes”:{“height”:213,”width”:320,”class”:”media-element file-teaser”}}]]

Auch das Leder für ihre Sättel bestellt sie in den Staaten. „Die haben einfach die beste Qualität dort“, begründet sie dies. Für einen Sattel braucht man die Haut von einem ganzen Rind. Sowohl weichere als auch härtere Teile werden verarbeitet. Außerdem muss das Leder pflanzlich gegerbt sein, damit es relativ hart bleibt und schließlich durch Carving, so nennt man in Fachkreisen das Verzieren mit Mustern, bearbeitet werden kann. Das macht Katharina entweder mit den kleinen Stanzen, mit denen sie geometrische Muster ins Leder hämmert oder freihändig, indem sie ein Muster ihrer Wahl ins Leder ritzt und die Ränder mit einer Stanze schließlich etwas tiefer drückt. So sind bei Katharina bereits zahlreiche Bucheinbände mit schwungvollen Blumenmustern entstanden. [[{“fid”:”22140″,”view_mode”:”default”,”fields”:{“format”:”default”,”field_description[und][0][value]”:”%3Cp%3EWerkzeuge%2C%20die%20verschiedenste%20Muster%20erzeugen%3C%2Fp%3E%0A”,”field_description[und][0][format]”:”full_html”,”field_imagesource[und][0][value]”:”Lisa Maria Kager”,”field_tags[und]”:””},”type”:”media”,”link_text”:null,”attributes”:{“height”:585,”width”:780,”class”:”media-element file-default”}}]]

„Bevor ich nach Amerika bin, habe ich noch nie mit einem solchen Leder gearbeitet“, erzählt Katharina, „und soweit ich weiß, gerbt hier in Südtirol auch niemand pflanzlich.“ Pflanzliches Gerben dauert mindestens einen Monat, wenn mit Chrom oder anderen Stoffen gegerbt wird, ist ein Leder auch schon in von einem Tag fertig. Um das Leder schließlich perfekt bearbeiten zu können, muss es zuerst in Wasser eingelegt werden, bis es hinuntersinkt. Und dann wird es zum Trocknen ins Freie gelegt. „Wenn es auf der Oberfläche trocken aussieht, hat es innen die perfekte Feuchtigkeit“, erklärt Katharina und schlägt mit ihrem Hammer exemplarisch noch einmal die Stanze in die gegerbte Haut.

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Die besten Sattelbauer kommen aus Kanada. 100 Sattelbäume muss ein Profi dort fertigen, damit er das Handwerk überhaupt erst weitergeben darf. „Gut, dass ich schon bei Sattel Nummer sechs bin“, scherzt Katharina und streicht über das fertige Horn ihres aktuellen Exemplars. Um das Ganze mit Leder zu bespannen, alles zu vernähen, das Lammfell an die Unterseite zu nähen, den fertigen Sattel mit Bienenwachs einzuölen, für Verzierungen und kleine Details braucht Katharina dann noch ganze zwei Wochen. Ein fertiger Sattel kostet schließlich um die 4.000 Euro.

Der Aufbau eines Westernsattels

Für jeden Reitstil braucht es einen eigenen Sattel. Jeder Sattel ist jedoch individuell gestaltbar. Katharina hat sich auf den Westernsattel spezialisiert, der durch sein typisches Horn leicht zu erkennen ist. „Das braucht man aber, um das Lasso festzumachen und nicht um sich festzuhalten“, erklärt sie und schmunzelt dabei. Den Umgang mit einem solchen möchte die 26-Jährige irgendwann auch noch lernen. Katharina reitet, seit sie denken kann. Mit elf Jahren war sie bereits stolze Besitzerin eines eigenen Pferdes. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. „Mein jetziges Pferd hat einen besonders breiten Rücken, da war jeder Sattel zu eng“, erzählt Katharina. Gut, dass die Sattlerin diesem Problem schnell Abhilfe schaffen konnte. Auf die Frage hin, welchen Unterschied ein guter Sattel denn mache, verfällt Katharina plötzlich in einen Redefluss. „Den Unterschied erkenne ich vor allem daran, dass das Pferd locker laufen kann. Meines zum Beispiel ist vorher beim Abwärtsreiten immer gehumpelt, um nicht zu viel Druck auf den Schultern zu spüren. Seit es meinen Sattel trägt, scheint es über den Boden zu schweben.“ Wenn es nach Katharina geht, legen Reiter generell viel zu wenig Wert auf den richtigen Sattel. „Obwohl wir alle wissen, dass man in einem maßgeschneiderten Schuh ganz anders als in einem Glumpschuh geht”, vergleicht die Sattlerin das Gefühl.
Vom Satteln allein kann Katharina jedoch noch nicht leben. Deshalb werden den ganzen Winter über in ihrer Werkstatt auch noch personalisierte Geldtaschen, Handyhüllen, Hundehalsbänder und allerhand anderes aus Leder gefertigt. Ihre Sommer verbringt Katharina auf dem Schutzhaus LatzfonserKreuz, das sie gemeinsam mit ihren Eltern bewirtet. [[{“fid”:”22111″,”view_mode”:”teaser”,”fields”:{“format”:”teaser”,”field_description[und][0][value]”:”%3Cp%3EGeldtasche%3C%2Fp%3E%0A”,”field_description[und][0][format]”:”full_html”,”field_imagesource[und][0][value]”:”Lisa Maria Kager”,”field_tags[und]”:””},”type”:”media”,”link_text”:null,”attributes”:{“height”:213,”width”:320,”class”:”media-element file-teaser”}}]]

Bevor es in diesem Jahr jedoch wieder hoch aufs Kreuz geht, fährt die Gummererin wieder nach Amerika. Zwei Mal war sie nach ihrer Ausbildung bereits dort, um in Sheridan (Wyoming) auf die „Rocky Mountain Leather Trade Show“ zu gehen. Jedes Jahr Mitte Mai stellen dort Sattler und Ledermacher aus aller Welt ihre Meisterwerke aus und bieten Kurse an. „Vor allem die Japaner und Chinesen sind mit ihren Lederarbeiten weit vorne. Die machen Verzierungen, wie man sie sich gar nicht vorstellen kann“, erzählt Katharina ganz begeistert. Irgendwann will auch sie dort eine ihrer Lederarbeiten bewerten lassen. „Aber ich muss mir erst überlegen, was ich mache. Am Anfang etwas Kleines vielleicht. Einen Bucheinband oder so. Dort wird nämlich auf jedes feinste Detail geachtet“, erzählt sie. Bis dahin werden wohl noch einige Sättel in Katharinas Werkstatt entstehen und vielleicht sogar der ein oder andere Sattelbaum.

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