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Matthias Mayr
Veröffentlicht
am 14.03.2016
LeuteAuf a Glas'l mit dem SVP-Landessekretär

„Ich bin kein Politiker“

Veröffentlicht
am 14.03.2016
Manuel Massl gibt sein Amt als SVP-Landessekretär nach zwei Jahren wieder ab. Was seine Beweggründe sind und er von der Debatte über die Politikerrenten hält.
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Manuel Massl, 30, stammt aus dem Örtchen Vetzan bei Schlanders. Nach der Oberschule studierte er in Innsbruck Politikwissenschaft. Politisch engagiert ist er seit seiner Jugend: Ab 16 bei der Jungen Generation (JG), mit 24 dann kandidierte er für den Gemeinderat und saß von 2010 bis 2015 im Schlanderser Gemeindeausschuss. 2015 verzichtete er auf eine Kandidatur, weil er 2014 Landessekretär der Südtiroler Volkspartei geworden war. Nach nur zwei Jahren kündigt er und wird das Amt im Juli abgeben. Aus freien Stücken, wie er sagt.

Manuel Massl, wie wird man mit 28 Landessekretär der SVP?
Das kam für mich mehr überraschend, als dass ich es angestrebt hätte. Ich war damals auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung und in diesem Moment kam der Anruf von Philipp Achammer genau richtig.

Nach knapp zwei Jahren ist aber schon Schluss. War der Job doch nicht das Richtige?
Doch, aber ich stelle bei den Dingen, die ich tue, einen hohen Anspruch an mich selbst: Ich will es so gut wie möglich machen, mit vollem Einsatz. Aber nun steht eine neue familiäre Herausforderung an, die hat höchste Priorität. Meine Arbeit ist schwer mit einer jungen Familie vereinbar, ich lebe weit weg von Bozen und sitze an manchen Tagen rund drei Stunden im Auto.

Hast du schon einen neuen Job in Aussicht?
Nein. Bis zum Frühsommer bin ich ja noch bei der SVP und mir bleibt noch etwas Zeit für die Suche.

Du sagst, du hast aus freien Stücken gekündigt, aber nicht alle glauben dir das. Die Dolomiten etwa schrieb, du hättest „den Druck nicht ausgehalten“. Was stimmt?
Jeder kann selbst entscheiden, ob er mir glaubt oder lieber solchen Spekulationen in der Zeitung Beachtung schenken möchte. Die entstehen eben im politischen Geschäft. Ich wurde auch gefragt, ob es Streit mit dem Obmann gäbe, was ich klar verneinen kann. Vermutlich liegt es einfach daran, dass es nicht üblich ist, dass jemand in einer Führungsposition die Familie vor die Karriere stellt.

Du bist relativ jung und hast einen gewichtigen Job. Wie kam die SVP damals auf dich?
Der Landessekretär ist immer eine Vertrauensperson des Obmanns und dieser schlägt dem Parteiausschuss eine Person seiner Wahl vor. Ich kenne Philipp seit wir 16 sind und wir haben seither in der Jungen Generation und in der Partei immer gut zusammengearbeitet.

In der SVP scheint ein wenig ein Jugendwahn ausgebrochen zu sein. René Tumler gilt als Anwärter auf deine Nachfolge und sitzt im Ressort von Landesrat Schuler, Arno Parmeggiani in der SVP-Fraktion im Landtag und im Team von Arno Kompatscher sitzen auch keine alten Hasen mehr. Verzichtet man nicht bewusst auf Erfahrung?
Das Junge, aber vor allem das Neue ist spätestens seit Frühjahr 2014 sicherlich in. Damals hat das öffentliche Ansehen der politischen Eliten der vergangenen Jahrzehnte stark unter der Rentendiskussion gelitten. Ein Wechsel war erwünscht. Doch eine gute Kombination aus neu und erfahren ist meiner Meinung nach das Beste. Es gibt ja noch erfahrene Politiker, die sich einbringen.

Wie ist es als Junger, wenn man mit einem alten Hasen wie Karl Zeller auf Konfrontationskurs gehen muss?
Das geht schon. Man wirft ja nicht blind Erfahrungen über Bord, unterschiedliche Sichtweisen sind in jeder Diskussion wichtig.

Die neue Landesregierung brachte eine politische Stiländerung mit sich. Was hat sich in der SVP geändert, seit Kompatscher und Achammer das Sagen haben?
Die Menschen nehmen die Politik und die Politiker anders wahr. Kompatscher ist als Landeshauptmann sicherlich anders als Luis Durnwalder. Vielen passt Kompatscher besser, andere vermissen Durnwalder.

Wie würdest du einem Nicht-Südtiroler die SVP beschreiben? Ist es ein Verein, eine Firma, ein Freundeskreis?
Die SVP ist eine Partei, und das ist auch kein Begriff, vor dem wir uns verstecken brauchen. Andere im Lande sagen, sie seien keine Partei und verwenden lieber einen anderen Begriff, aber Partei ist nichts Negatives. Eine Partei ist ein Zusammenschluss von Gleichgesinnten, die versuchen, die Interessen der Gruppe zu vertreten. In unserem Land sind diese Interessen die Rechte der deutsch- und ladinischsprachigen Minderheit in Italien. Diese gilt es zu schützen und weiter auszubauen. Dafür steht die SVP.

Siehst du dich als Politiker?
Nein, ich bin kein Politiker, sondern ich bin einfach politisch aktiv. Meine Zeit als Gemeindereferent habe ich so erlebt, dass man auf Gemeindeebene nicht als Politiker im klassischen Sinn wahrgenommen wird. Als Politiker werden die Mandatare im Landtag und im Parlament angesehen. Das strebe ich nicht an.

Wenige Politikwissenschaftler gehen selbst in die Politik …
Ich habe Politikwissenschaft nicht studiert, um Politiker zu werden. Politikwissenschaft ist ein tolles sozialwissenschaftliches Studium, in dem man die gesellschaftlichen Entwicklungen mit geschärftem Auge beobachten kann, und wenn das beruflich nichts bringt, dann auf jeden Fall persönlich.

Wie ist der Mensch Massl?
Manuel ist genau, gewissenhaft, aber auch sozial umgänglich. Nachdenklich. Ich hoffe bescheiden, zumindest wäre mir das wichtig.

Bist du mit deinen zwei Jahren als Landessekretär zufrieden? Würdest du es noch einmal machen?
Ich würde es auf jeden Fall noch einmal machen. Es waren zwei extrem lehrreiche Jahre. Ich bin daran gewachsen, bei jeder Herausforderung lernt man dazu. Im Nachhinein würde wohl jeder, bei allem was er tut, manche Sachen anders machen, auch ich. Aber ich bin zufrieden mit den beiden Jahren.

Auf was freust du dich in der Zeit danach?
Ich freue mich, wieder zu hundert Prozent Privatperson zu sein. Wobei ich eh nicht massiv in der Öffentlichkeit gestanden habe, aber man ist doch irgendwie eine Person des öffentlichen Lebens. Wenn ich kündige, ist das ein Thema für die Medien, wird öffentlich kommentiert und beurteilt. Oder wenn ich daran denke, wie es dem Parteiobmann vor kurzem gegangen ist, der eine Freundin hat und prompt auf der Titelseite der Dolomiten landet. Privatsphäre ist etwas anderes.

„Politiker mit großer Verantwortung, wie der Landeshauptmann und die Landesräte, sollen gut bezahlt werden. Einmal, damit diese Positionen von den fähigsten Leuten angestrebt werden.“

Wer wird dein Nachfolger?
Das ist noch offen.

Was für Fähigkeiten braucht dein Nachfolger?
Das sage ich ihr oder ihm dann eventuell persönlich, das möchte ich nicht vorab über die Medien ausrichten. Ich möchte auch nicht von vornherein jemanden ausschließen.

Du sagst, dass die Hetze des Volkes bei den Politikergehältern so weit ging, dass immer weniger fähige Leute in die Politik gehen und dies schlussendlich dem genannten Volk schadet.
Ich sehe diese Entwicklung mit großer Sorge. Nicht aus persönlichem Interesse, aber gesamtgesellschaftlich gesehen laufen wir Gefahr, in einigen Jahren von Politikern regiert zu werden, die eben nicht die fähigsten sind. Und die haben sehr wichtige Entscheidungen zu treffen, die unser Leben stark beeinflussen. Vergleichen wir es mal mit den Ärzten: Jeder Patient möchte vom fähigsten Arzt behandelt werden, deshalb vergönnt er ihm sein gutes Gehalt, auch wegen der hohen Verantwortung. So sollte es auch bei Politikern sein, die genauso verantwortungsvolle Entscheidungen treffen müssen. Wenn die Menschen die Politikergehälter beurteilen, gehen sie vom eigenen Gehalt aus, und das ist subjektiv. Man sollte die Gehälter mit Managern oder Bankdirektoren vergleichen. Politiker mit großer Verantwortung, wie der Landeshauptmann und die Landesräte, sollen gut bezahlt werden, damit die fähigsten Leuten diese Positionen anstreben. Aber auch damit die Politiker unabhängig entscheiden können, und vor allem damit die Arbeit attraktiv ist.

Ein gutes Gehalt motiviert also …
Ja, und eine Gehaltskürzung nicht. Das kann jeder Arbeiter nachvollziehen. Wenn weniger fähige Menschen regieren, werden mehr Fehler passieren, die der Gesellschaft, also den Bürgern, am Ende mehr kosten, als die eingesparten Politikergehälter. Ich bin nicht der einzige, der in diese Richtung denkt. Ich darf eine Aussage meines ehemaligen Professors Günther Pallaver zitieren, der in der ff sagt, dass die Rentendiskussion zur Einstellung führt, dass Politik nichts kosten darf. Das sei falsch. Er befürwortet als Professor für Politikwissenschaft eine öffentliche Parteienfinanzierung und den Rentenanspruch von öffentlichen Verwaltern. Als Beispiel nennt er die Gemeinden, wo sich keine Bürgermeister mehr finden, weil sie keine Rente bekommen. Der ehemalige deutsche SPD-Politiker Peter Glotz hat 2002 in der Zeit geschrieben, wer nicht will, dass die Politik zur Magd der Wirtschaft wird, muss den Politikerberuf attraktiver machen. Das hat nun mal mit Geld zu tun.

Du sprichst von Verantwortung. Hat ein Landtagsabgeordneter so viel Verantwortung? Wann wurde jemand für einen Fehler zur Verantwortung gezogen?
Man muss schon zwischen Landtagsabgeordneten und Regierungsmitgliedern unterscheiden. Landesräte können durch den Rechnungshof und die Staatsanwaltschaft persönlich zur Verantwortung gezogen werden.

Bürger werden unzufriedener und suchen einen Schuldigen für die Misere, und die Politiker haben das ihre zu ihrem schlechten Ruf beigetragen. Wie kommt man aus dem Schlamassel wieder raus?
Wir brauchen die besten Leute für die Politik. Und die müssen uns etwas wert sein. Wir werden auch noch Politiker finden, wenn sie nur mehr wenig verdienen, aber ob das dann die Fähigsten sind und ob sie trotz Bestechungsgefahr noch unabhängig Entscheidungen treffen?

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