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Verena Walther
Veröffentlicht
am 07.11.2014
LebenJunges Theater in Südtirol

Theatre’s not dead!

Veröffentlicht
am 07.11.2014
„Giovani in scena" ist nicht bloß ein Theaterkurs, sondern auch Schule fürs Leben. Ein Einblick in eine oft totgeglaubte Szene.
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Wir betreten einen hellen Raum, größer als ein Klassenzimmer, kleiner als eine Turnhalle. Am Kopfende eine Bühne. Im Raum gehen rund zwanzig junge Menschen scheinbar ziellos herum, unter ihnen eine schlanke kurzhaarige Frau, die ihnen Anweisungen gibt, sich in die Augen zu schauen oder den Blicken auszuweichen, sich der eigenen Energie bewusst zu sein und „auf den Raum zuzugehen“. Ihre Stimme ist laut und duldet keinen Widerspruch, ihre Bewegungen selbstsicher und ausdrucksstark – eine Schauspielerin, zweifelsohne.

Es handelt sich um Flora Sarrubbo, Leiterin des Kurses „giovani in scena“, ein Projekt des Stadttheaters in italienischer Sprache in Zusammenarbeit mit dem Landesjugenddienst und dem Jugendzentrum Vintler. Jedes Jahr nehmen um die zwanzig 15- bis 25-Jährige daran teil – das Theater scheint also auch auf die Generation Kino noch eine gewisse Faszination auszuüben. Eine Teilnehmerin erzählt, ihr habe der Kurs auch im Alltag sehr geholfen, sie habe Spannungen abgebaut und sei selbstsicherer geworden.

Für Jugendliche mit schwachem Selbstbewusstsein dürfte die erste Probe wohl ein Sprung ins kalte Wasser gewesen sein. Nun sollen sie nämlich einzeln im Raum auf und ab gehen, während die anderen sie genau beobachten und dann Merkmale der Gangart der jeweiligen Person aufzählen: „Sie hat ein Hohlkreuz“, „Er hat eine arrogante Art zu gehen“ und „Sie geht wie eine Ente“ sind noch einige der freundlichsten Kommentare. Als nächstes sollen jeweils sieben Personen im Raum auf und ab gehen. Zunächst in ihrer eigenen Gangart. Von den anderen wird dann jedem ein Typus zugeteilt, der auch mal „Bibliothekarin“ oder „eine hochnäsige Adelige“ sein kann. Gnadenlos wird auch die jeweils Schüchternste und Vorlauteste gekürt.

Sowas auszuhalten ist wichtig, sagt Flora, als erstes muss man nämlich einerseits die Körpersprache der anderen lesen und andererseits seine eigene kontrollieren lernen. Unser Körper, erklärt sie, erzählt bereits seine eigene Geschichte, bevor wir ein einziges Wort gesagt haben. Mit solchen Übungen lernt man, die Fehler der eigenen Körpersprache zu erkennen und schrittweise abzulegen, sich natürlich zu bewegen. „Ein Schauspieler muss Masken aufsetzen können. Trägt er unbewusst bereits eine, ist es viel schwieriger, bewusst noch eine darüber aufzusetzen“, sagt Flora. „Schauspielen ist für mich wie eine höhere Stufe des Lesens“, erzählt eine der Teilnehmerinnen, „man identifiziert sich so sehr mit einer der Figuren, dass man sich am Ende ganz in sie verwandelt“. Außerdem könne sie dadurch Alltagsstress und Sorgen vergessen.

„Wir bilden hier keine Schauspieler, sondern Theaterliebhaber aus“, beschreibt Flora das Projekt. Außer des wöchentlichen Unterrichtes, bei dem im Laufe des Jahres ein Stück einstudiert wird, das am Ende aufgeführt wird, besuchen die Teilnehmer auch regelmäßig Aufführungen im Bozner Stadttheater und haben die Möglichkeit, mit den Darstellern zu sprechen. Sie sollen über das, was sie sehen, nachdenken, lernen „richtig ins Theater zu gehen“ und etwas mitnehmen. „Die Kommunikationsfähigkeit der Jugendlichen soll verbessert werden, damit sie sich für das Leben etwas mitnehmen können“, sagt der Direktor des Projektes, Marco Bernardi.

Die Probe geht weiter. Nach den eher allgemeinen Übungen zu Haltung und Auftreten frage ich mich, wo denn das Theater an sich eigentlich bleibt. Was nun wie auf Kommando folgt, ist eine von Floras Lieblingsübungen. Fünf Leute sollen sich irgendwo im Raum platzieren, eine Pose einnehmen und sich nicht mehr bewegen. Einer wählt zwei Stühle, ein Mädchen positioniert drei Mülleimer um sich herum, eine andere lehnt an einer Säule. Nun soll ein anderer aus der Gruppe sich für jeden einen Satz ausdenken. Während dieser sich darüber Gedanken macht, herrscht im Raum fast andächtige Stille. Was nun passiert, ist tatsächlich Theater, erstaunlich klar sehe ich die Geschichte, wie der „Regisseur“ sie sich ausgedacht hat, vor mir: Der Junge, der es sich auf den zwei Stühlen gemütlich gemacht hat, erzählt seine Lebensgeschichte, dargestellt von den übrigen Figuren.

Am Ende der Probe erzählt mir Flora von ihren Erfahrungen in den sieben Jahren, in denen sie das Projekt nun leitet. Die Arbeit mit den Jugendlichen mache ihr großen Spaß, es gehe primär nicht um Können, sondern um möglichst viel Spaß und persönliche Bereicherung. Darüber hinaus ist es allerdings auch einigen ihrer ehemaligen Schüler gelungen, an staatlichen Schauspielschulen aufgenommen zu werden, was sie natürlich besonders freue.

In einem jedenfalls sind sich alle einig: Wer diesen Kurs je besucht hat, hat sich in das Theater verliebt.[[{“fid”:”16640″,”view_mode”:”default”,”fields”:{“format”:”default”,”field_description[und][0][value]”:”%3Cp%3EAusgehend%20von%20einer%20Szene%20wird%20eine%20kurze%20Handlung%20improvisiert%3C%2Fp%3E%0A”,”field_description[und][0][format]”:”full_html”,”field_imagesource[und][0][value]”:”Verena Walther”,”field_tags[und]”:”Theater, probe”},”type”:”media”,”link_text”:null,”attributes”:{“height”:468,”width”:780,”class”:”media-element file-default”}}]]

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