BARFUSS LogoDas Südtiroler Onlinemagazin
BARFUSS LogoSüdtiroler Onlinemagazin

Support Barfuss

Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus

BARFUSS LogoDas Südtiroler Onlinemagazin
Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 28.03.2014
LebenDie Südtiroler Straßenzeitung

Schwarz-weiß und kunterbunt

Veröffentlicht
am 28.03.2014
Die zweite Ausgabe der neuen Straßenzeitung „Zebra." ist vor kurzem erschienen. Wir haben einen der Verkäufer bei seiner Arbeit begleitet.
Damit BARFUSS weiterhin hinterfragen, aufklären, erzählen und berühren kann, brauchen wir DEINE Unterstützung!
Werde Teil unserer Community.
Teile unsere Story
dscn3493.jpg

Es ist neun Uhr. Keine Spur vom Frühlingsanfang, es ist kalt und windig. Trotzdem steht Evangelist Stephen Ovbiebu hier, mitten in der Stadt Meran. „Guten Morgen, ich habe eine schöne Zeitung“, sagt er freundlich zu einem vorbeilaufenden Mann. „Hallo, hast du schon die Zeitung?“, zu einer älteren Dame. Dabei hält er den Passanten ein Magazin hin. Zebra. steht drauf. Viele Passanten bleiben interessiert stehen, manche kommen mit ihm ins Gespräch. Zwei Frauen drücken Evangelist sogar eine Münze in die Hand, ohne die Zeitung zu kaufen, einige gehen aber auch achtlos an ihm vorbei.

„Zebra." als Hilfe

„Es ist kalt, aber man kann nichts machen“, sagt Evangelist in gebrochenem Deutsch. Mit Freude und Optimismus geht der 23-Jährige auf die Straße. Er ist einer der Verkäufer von „Zebra.", der Straßenzeitung der Organisation für eine solidarische Welt – OEW. Heute steht er an der Kreuzung von Sparkassenstraße und Lauben. Hier seien immer viele Leute. Evangelist möge es nicht, an einem Platz mit wenig Passanten zu stehen. Verständlich, denn er lebt zurzeit vom Zeitungsverkauf. Zwei Euro kostet ein Exemplar, ein Euro geht an die Organisation und einen Euro darf Evangelist behalten, so ist das Prinzip.

„Es gefällt mir“, sagt der junge Mann lachend. „Aber ich bin arbeitslos und suche nach einer richtigen Arbeit.“ Er hat ein Praktikum als Altenpfleger und in der Forstwirtschaft gemacht, aber noch keine fixe Arbeit gefunden. Bis dahin sei ihm „Zebra." eine gute Hilfe. Besonders, wenn eine neue Ausgabe erscheint, verkaufe er viele Exemplare und müsse dabei die vorbeigehenden Leute nicht mal ansprechen. Die neue Straßenzeitung hat sich herumgesprochen. Die 10.000 gedruckten Exemlare seien jedes Mal ausverkauft, so Sonja Cimadom, eine der HerausgeberInnen. „Zebra." erscheint alle zwei Monate. Genau dann ist auch Evangelist an Ort und Stelle, um sich mit neuen Zeitungen einzudecken. 40 bis 50 Stück kauft er bei der OEW, um sie dann weiterzuverkaufen. Meist steht er dann von acht Uhr bis zu Mittag in Meran, Mals, Latsch oder Rabland.



Heute ist „Zebra." bereits einige Tage im Umlauf, der Verkauf geht eher schleppend voran. Vielleicht liegt es daran, dass an der Kreuzung gleich vier „Zebra."-Verkäufer stehen. Vielleicht daran, dass viele die Zeitung schon zu Hause haben. Evangelist sieht es gelassen. „Es macht mir nichts aus, wenn die Leute bei meinen Kollegen kaufen“, sagt er und legt sich weiter ins Zeug: „Ich habe eine schöne Zeitung für Sie.“ Offen geht Evangelist auf die Passanten zu. Wie auch auf die ältere Dame, die anfänglich Interesse zeigt. Dann geht sie aber doch weiter. Wieder nichts verdient. Evangelist verabschiedet sich höflich und wünscht ihr einen schönen Tag. „Viele mögen die Zeitung, aber einige interessieren sich nicht dafür“, erklärt er.

„Zebra." wird von rund sechzig Menschen in schwierigen Lebenslagen auf Südtirols Straßen verkauft. Die Zeitung ist mehr als nur schwarz-weiß gestreift. Die Themen sind kunterbunt gemischt. Ein Platz für wirtschaftliche Alternativen und Gedanken, ebenso für globale Themen. „Wir wollen eine neue Informationsquelle sein, gute Nachrichten, positive Beispiele und andere Blickwinkel bringen. Wir wollen aber auch kritischen Journalismus mit sozialem Engagement verbinden“, sagt Sonja Cimadom. „Zebra." als Sprachrohr für jene, die in den klassischen Medien kaum selber zu Wort kommen. Durch den Straßenverkauf werde außerdem ein breites Publikum erreicht. Auch Evangelist blättert das Magazin durch, wenn es neu erscheint. Er steht jetzt über eine halbe Stunde im Zentrum von Meran und hat noch kein Exemplar verkauft. Doch jetzt kommt wieder eine Frau vorbei. Sie hat noch keine Zeitung. Zum Glück für Evangelist. Er verkauft für heute seine erste Zeitung.

Vor dem Krieg geflohen

Zwei Frauen mittleren Alters gehen jetzt an ihm vorbei. „Kennen Sie Zebra schon?“, fragt Evangelist. Sie bleiben stehen. „Hast du keine Arbeit?“, fragt eine der Frauen unverblümt. Evangelist verneint und die beiden beginnen ein Gespräch über seine Herkunft, über die Arbeit und das Leben in Südtirol. Seit zwei Jahren und 10 Monaten wohnt der nigerianische Jugendliche bereits in Meran. Er spricht Deutsch, Italienisch und Englisch. Zwar nicht perfekt, aber man versteht ihn und kann sich gut mit ihm unterhalten. „Bevor ich nach Meran gekommen bin, wohnte ich in Libyen“, erzählt Evangelist. Als der Krieg ausbrach, musste er fliehen. „Ich kam hierher, auch um ein besseres Leben führen zu können.“ Als die Frau weitergeht, wünscht sie ihm viel Glück, er ihr einen wunderschönen Tag.
Bis zehn Uhr wird er hier mit seinen restlichen fünf Zeitungen stehen, dann müsse er sich Nachschub besorgen. Als ich mich von ihm verabschiede, wünsche ihm viel Erfolg beim Verkaufen und noch mehr bei der Arbeitssuche.

Dienste

  • News
  • Wetter
  • Verkehrsbericht

BARFUSS


Support BARFUSS!
Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus:
https://www.barfuss.it/support

© 2023 SuTi GmbH
© 2023 SuTi GmbH . Rennstallweg 8 . 39012 Meran . MwSt: 02797340219
DatenschutzCookiesImpressum