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Veröffentlicht
am 18.10.2014
LebenEin Sonntag auf der Erotikmesse

Im steilen Geiltal

Veröffentlicht
am 18.10.2014
Zahlreiche Südtiroler pilgern jährlich zur Innsbrucker Erotikmesse. Auch BARFUSS ließ sich dieses rege Treiben nicht entgehen und mischte sich unters bockige Volk.
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25 Euro. Da muss ich erst mal schlucken. Ist mir das dieses Spektakel im Innsbrucker Hafen wirklich wert, frage ich mich, und spaziere auch schon mit meiner guten Freundin zur Eingangstür. Seit fünf Jahren bin ich in Innsbruck und seit fünf Jahren quengle ich, dass ich endlich mal zur Erotikmesse will. Da ist Reue ums Eintrittsgeld nun wirklich sehr unangebracht, schimpfe ich innerlich mit mir selbst. Am Eingang kontrollieren zwei stramme Burschen unsere Eintrittskarten, wir gehen augenrollend am Traktor vorbei. Das hätten wir uns bei dem einfallsreichen Motto „Auf da Alm, da gibt’s koa Sünd! TIROL! Steil und geil“ aber auch denken können. „Steil und geil“ gehts für uns dann auch gleich weiter, kommen wir doch gerade rechtzeitig zu einer Live-Show auf der mit heimatlichen Motiven dekorierten Bühne.

Wider Erwarten führen hier nicht bloß schmuddelige, alte Männer mit Glatze und Trenchcoat ihre Kameras aus, nein, erstaunlich viele junge und mittelalte Normalos zahlten hierfür Eintritt.

Ein junges Mädchen, 18 wird sie wohl schon sein, zieht sich gerade ihr Höschen aus. Hightech-Kameras, Fotoapparate, Smartphones – ein halber Elektromarkt zoomt auf ihren Intimbereich. Schon beginnt sie an ihrem Dildo zu lutschen. Oh ja, das muss sie ja unheimlich anturnen! Dem Blitzlichtgewitter nach zu urteilen finden das auch andere hier sehr toll. Ich merke, dass mich das, was im Publikum passiert, eigentlich mehr interessiert, als diese Solonummer. Wider Erwarten führen hier nicht bloß schmuddelige, alte Männer mit Glatze und Trenchcoat ihre Kameras aus, nein, erstaunlich viele junge und mittelalte Normalos zahlen hierfür Eintritt. Junge Mädchen sehen sich den Live-Porno an der Seite ihres Freundes und in ihren Cliquen an und kichern.

Nun scheint es dem Mädchen und ihrem Dildo auf der Bühne doch zu reichen und eine dunkelhaarige Frau führt ihren Gefährten an seinem Penis (die neue Art des Händchenhaltens vielleicht?) auf die Bühne, ein bisschen Fellatio und los geht’s: etwas Hündchen, dann er oben, dann beide irgendwie verrenkt, dann sie hockend auf ihm – ich hatte ja keine Ahnung, wie langweilig es sein kann, anderen beim Sex zuzusehen! Ich habe mich bemüht, meine Erwartungen an diese Live-Shows nach unten zu schrauben. Man hatte mir erzählt, das sei eklig und brutal und überhaupt. Vielleicht würde mich dies ja noch bei anderen Shows erwarten, aber an diesem Sex finde ich nichts Ekliges, nichts Brutales – was ich ja eigentlich auch sehr befürworte – aber eben leider auch überhaupt nichts Erotisches.

Was habe ich hier also gelernt?

  1. Das beste Vorspiel für eine Frau ist es, wenn sie einem Typen einen blasen darf. Das ist so geil für sie, dass sie danach sofort losvögeln will.
  2. Dildos gehören in den Mund, denn da machen sie der Frau am meisten Spaß.

Taschenmuschis, Dildos & Co.

Das war wohl nichts. Etwas enttäuscht ziehen wir beide deshalb zu den Messeständen. DVDs, Sexspielzeug, knappe Outfits – ich fühle mich etwas verarscht. Warum zahle ich denn 25 Euro Eintritt für etwas, das mir mein Sexshop um die Ecke gratis bietet, dazu mit der unheimlich kompetenten Beratung einer lieben Mittsechzigerin? Da ich jetzt aber schon mal da bin, lasse ich mich auch drauf ein und wühle fleißig durch Taschenmuschis (die kann ich nicht gebrauchen, habe ich erkannt), Penispumpen, Gleitgel, Plateau-High-Heels und Netzstrümpfe. Echte Holzvibratoren werden uns von einem sehr netten, alten Mann in die Hand gelegt. Das amüsiert mich dann doch wieder. Die vibrierende Hand der Frau am Nachbarstand irritiert mich etwas, als sie sich an meine Hüfte legt. Dann finde ich aber auch schnell Freude an dem Vibrationsgerät, das zu sinnlichen Massagen führen soll und – an der richtigen Körperstelle des Partners angebracht – auch sonst zu so einigem fähig ist, wie die Dame verschmitzt verrät. Wie angenehm ein vibrierender Penis allerdings für dessen Besitzer ist, kann ich leider nicht beurteilen, zum Kauf lasse ich mich dann doch nicht bewegen.

Ist eine Frau auf der Bühne, beginnt die Show erst richtig, wenn sie vollständig nackt ist. Tobt sich ein Mann auf der Bühne aus, muss eine Geschichte her, die damit endet, dass sein Piephahn kurz zu sehen ist.

Mein Höhepunkt

Sexmythen, wie dass Frauen ewig lange brauchen, treffen heute zumindest auf mich zu. Meinen Höhepunkt der Messe erlebe ich erst nach zweieinhalb Stunden mit dem letzten Männerstrip des vielleicht etwas unangebracht als „Black Beauty“ bezeichneten, aber wirklich heißen Typen. Seine Show hat was, da ist Pfeffer drin! Nicht so wie die des ersten Strippers, der fünf Minuten als Zorro herumtänzelte und dann damit abschloss, dass er für ein paar Sekunden seinen Penis herzeigte. Oh wow, das hätte uns wohl umhauen müssen … Der Unterschied zwischen Live-Shows für Männer und jenen für Frauen liegt auf der Hand: Ist eine Frau auf der Bühne, beginnt die Show erst richtig, wenn sie vollständig nackt ist. Tobt sich ein Mann auf der Bühne aus, muss eine Geschichte her (z.B.: Ich bin Zorro! Ich tänzle mit meinem Schwert herum! Schaut mich an! Und mein Schwert! Ich bin Zorro!), die damit endet, dass sein Piephahn kurz zu sehen ist.

Mein Fazit

Wer von einer Erotikmesse erwartet, seine Smartphonekamera einer Vagina entgegenzustrecken, der kommt voll auf seine Kosten. Wer auf tolle Männerstrips hofft, hat eine winzig kleine Chance mit etwas ganz Großem überrascht zu werden. Allen anderen, denen 25 Euro zu schade sind: Sexshop und handelsübliche Pornowebseiten tuns doch auch.

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