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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 18.04.2017
LebenJugendbotschafterin Sofia Pertoll

Im Einsatz für Bildung

Veröffentlicht
am 18.04.2017
130 Millionen Mädchen weltweit haben keinen Zugang zu Bildung. Als Jugendbotschafterin der Organisation ONE will Sofia Pertoll helfen, das zu ändern.
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„Wenn Mädchen Bildung genießen, haben wir später gebildete Mütter und folglich eine gebildete nächste Generation“, sagt Sofia Pertoll. Unter 500 Bewerbern wurde die 21-Jährige zur „ONE Youth Ambassador“ auserkoren – als bislang einzige Südtirolerin. Zusammen mit 40 Jugendbotschaftern in Italien und noch vielen mehr weltweit organisiert die Eppanerin nun verschiedenste Aktionen, um für Mädchen Zugang zu Bildung zu schaffen. Daneben studiert sie seit drei Jahren internationales Recht, Wirtschaft und Politik in Mailand.

Sofia, du bist Südtirols erste Jugendbotschafterin für die Organisation ONE. Was macht man als „ONE Youth Ambassador“?
Als eine von vielen Jugendbotschaftern weltweit mache ich auf Problematiken aufmerksam, an denen die Organisation arbeitet. Wir wollen das, was wir machen, in die Medien bringen und damit die Aufmerksamkeit der Menschen bekommen. Sie sollen bei unseren Aktionen mitmachen. Auch in Schulklassen sind wir präsent und klären die jungen Leute über die Situation auf der Welt auf. Damit wollen wir sensibilisieren und Druck auf die Politik ausüben.

Wie bist du Jugendbotschafterin geworden?
Mich in der Entwicklungshilfe zu engagieren war schon immer mein Traum. Als ich im November auf dem „international careers day“ in Mailand die Organisation ONE entdeckte, war ich sofort von ihr überzeugt, weil sie nachhaltige Hilfe im legislativen Bereich bietet. Die Organisation startet bei der Idee, dass es im Kampf gegen extreme Armut nicht um Almosen geht, sondern um Gerechtigkeit und Gleichheit. Als ich den Slogan We don’t want your money, we want your voice! zum ersten Mal las, war mir klar, dass das genau das Richtige für mich ist. Also habe ich mich beworben und wurde aus 500 anderen Bewerbern gewählt.

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Was bedeutet nachhaltige Hilfe?
Dass man das Problem an der Wurzel packt und eine Basis schafft, damit sich Entwicklungsländer selbst helfen können. Viele Länder sind in eine Abhängigkeit geraten. Historisch betrachtet haben die westlichen Staaten massiv dazu beigetragen, dass sich die sogenannten Entwicklungsländer wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich nicht entwickeln konnten. Aus diesem Grund finde ich es mehr als richtig, dass alle Staaten einen Entwicklungsfonds angelegt haben, um diesen Ländern zu helfen. Man darf sich aber nicht erwarten, dass diese Gelder vor Ort auf die richtige Weise genutzt und investiert werden, solange man sie einfach nur dorthin schickt. Man bräuchte ein handfestes Monitoring-System, das Transparenz schafft und Ergebnisse prüft. Das bedeutet nachhaltige Hilfe. Nur damit kann die Situation konkret verändert werden.

Du verdienst nichts für deine Arbeit bei ONE und wer helfen will, muss nichts spenden. Wie finanziert sich die Organisation?
Wir finanzieren uns durch Stiftungen, wie zum Beispiel der von U2-Gründer Bono oder Bill Gates. Mit diesem Geld realisieren wir unsere Projekte.

Welche sind deine persönlichen Ziele als Jugendbotschafterin?
Ich möchte hauptsächlich mit Schulen in Südtirol zusammenarbeiten, um die Organisation dort vorzustellen und junge Menschen für unsere Arbeit zu sensibilisieren. Wichtig ist, den Schülern näherzubringen, dass viele Kinder – vor allem Mädchen – an anderen Orten auf der Welt nicht die Schule besuchen können. Bildung ist ein Schlüssel im Kampf gegen extreme Armut. Das hört man zwar oft, aber ich habe das Gefühl, dass das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Bildung und ihre positiven Folgen nicht wirklich da ist, weil Bildung für uns selbstverständlich ist.

Was könnte Bildung für alle verändern?
Bildung ist der Kern einer Gesellschaft. So vieles hängt damit zusammen. Eine gute Ausbildung führt zu einem eigenen Einkommen. Das bringt die Möglichkeit, unabhängig zu werden von Familien, Ehemännern und politischen Gruppierungen. Zusätzlich bietet Bildung Zugang zu Informationen rund um Schwangerschaftsvorsorge, Hygiene, Impfungen und Ernährung.

Auf das Problem mangelnder Schulbildung für Mädchen macht ihr 2017 mit der Aktion #girlscount aufmerksam. Was steckt dahinter?
In den letzten drei Jahren hat die Organisation ihren Fokus auf die Aktion „Armut ist sexistisch“ gelegt. In diesem Zusammenhang ist #girlscount entstanden. Die Aktion soll die Aufmerksamkeit darauf lenken, wie sich Bildung für Mädchen auf eine Nation auswirken kann. Immerhin 130 Millionen Mädchen weltweit haben kein Recht auf Schulbildung. Auf unserem Portal zählen wir jetzt gemeinsam von eins bis 130 Millionen, um Mädchen ohne Recht auf Schulbildung ein Gesicht zu geben. Jeder kann sich eine Nummer auf dem Portal sichern und ein Video oder Foto hochladen, in dem die Zahl genannt oder gezeigt wird. Das Ergebnis wird das längste Video der Welt sein. Es soll bei politischen Großevents wie dem G7 und dem G20 Gipfel auf eine riesige Leinwand oder Hauswand projiziert werden. So üben wir Druck auf die Entscheidungsträger aus. Wir machen auf das Problem aufmerksam und zeigen, dass es 130 Millionen Menschen gibt, die sich dafür einsetzen, dass sich die Situation dieser Mädchen ändert.

Von wo auf der Welt stammen diese 130 Millionen Mädchen?
Allein 46 Millionen kommen aus dem subsaharianischen Afrika. Der Rest aus Südamerika und anderen Entwicklungsländern.

Was sind die Gründe dafür, dass sie keinen Zugang zu Bildung haben?
Hauptsächlich mangelt es an Strukturen, Lehrkräften und am Geld für ihre Bezahlung. Einschreibung, Uniformen, Transport, Materialien: All diese Dinge kosten Geld, das – wenn es denn überhaupt da ist – eher in die Schulbildung von Jungen als in die von Mädchen investiert wird. Außerdem bedeutet der Schulbesuch von Mädchen indirekte Kosten für ihre Familien, da die Mädchen nicht mehr zu Hause mithelfen können. Wenn die gesellschaftliche Erwartung dahin geht, dass Töchter häusliche Pflichten übernehmen, sich um Familienmitglieder kümmern oder schon früh heiraten und Kinder bekommen, wird nicht gerne in ihre Bildung investiert. Auch Gewalt und mangelnde Sicherheit spielen eine große Rolle. Eltern, die ihre Kinder zur Schule schicken möchten, haben oft Angst vor Übergriffen auf dem Schulweg und in der Schule. Deshalb lassen sie sie oft trotzdem nicht gehen. Noch schwieriger wird die Situation jetzt aufgrund von Boko Haram.

Worum geht es da?
Boko Haram bedeutet übersetzt so viel wie „westliche Bildung ist verboten“. Die islamistische Extremistenorganisation, die den selben Namen trägt, agiert vor allem in Nigeria und setzt sich für die Einführung der Scharia und das Verbot westlicher Bildung ein. 2014 verschleppte sie fast 300 Schulmädchen. Sie hat mehr als 1.000 Schulen beschädigt oder zerstört, fast 650 Lehrerinnen und Lehrer ermordet und 19.000 weitere vertrieben.

Könnte Bildung für alle Mädchen auch Auswirkungen auf die westlichen Staaten haben?
Auf jeden Fall! Ihre Bildung hätte positive Folgen für die ganze Welt. Ausgebildete und erwerbstätige Mädchen könnten der Motor wirtschaftlichen Wachstums sein, was indirekt ja wieder bedeutet, dass ihre Heimatstaaten weniger Gelder aus den Fonds für Entwicklungshilfe benötigen. Politisch hätte die Bildung von Mädchen weitere positive Folgen. Aus Studien geht hervor, dass durch beschulte Mädchen die Wahrscheinlichkeit von Konflikten um 20 Prozent reduziert werden könnte: Gebildete Mädchen könnten in die Politik einsteigen und bei politischen Treffen friedliche Lösungen ausarbeiten. Laut Studien sind Frauen nämlich kompromissbereiter als Männer. Das klingt zwar im ersten Moment utopisch, ist aber durchaus nachvollziehbar.

Was macht ONE also konkret, damit Mädchen der Zugang zu Bildung erleichtert wird?
Es gibt viele politische Maßnahmen, die sich bei der Überwindung der finanziellen, kulturellen und sozialen Barrieren bewährt haben. So kann man zum Beispiel durch die Bereitstellung der Materialien die eigentlichen Schulgebühren kompensieren. Auch Zuschüsse für Familien können die Last der Schulkosten auffangen und die Zahl der beschulten Mädchen erhöhen. Um aber das Abhängigkeitsphänomen, von dem ich gesprochen habe, zu vermindern, müssen diese Hilfestellungen von den Regierungen der Entwicklungsländer selbst kommen. Und genau dafür setzt sich ONE ein. Wir sprechen mit Politikern aus aller Welt, um die rechtlichen Grundlagen dafür zu schaffen. Hierzu sollen anfangs natürlich Gelder aus den Entwicklungsfonds genutzt werden, aber sie sollen eben nur Starthilfe geben. Es soll sich ein autonomes, funktionierendes System entwickeln.

Gibt es schon Erfolge?
ONE hat dazu beigetragen, dass Programme wie die globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria aktiviert wurden. Zudem haben wir uns dafür eingesetzt, dass in den USA, Kanada und auf EU-Ebene ein Gesetz verabschiedet wurde, das für mehr Transparenz im Öl-, Gas- und Bergbausektor sorgt. So wird Korruption bekämpft und sichergestellt, dass die Einnahmen aus der Rohstoffförderung in Afrika in die Bekämpfung von Armut fließen. All das haben wir durch unsere Petitionen und die offenen Briefe mit konkreten Forderungen an Politiker erreicht.

Arbeitest du auch direkt vor Ort?
Vor Ort arbeiten nur aktive Mitglieder, die einen fixen Job bei ONE haben. Sie suchen das Gespräch mit Politikern und Managern, um konkrete Lösungen im legislativen Bereich zu finden. Irgendwann möchte ich auch dort landen.

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