Ich lege meinen Stift zur Seite und klappe mein kleines Lederbuch zu. Gerade habe ich Punkt 41 auf meiner to-do-in-life-Liste notiert. Es sind große Pläne, die ich irgendwann in meinem Leben verwirklichen möchte, und damit ich sie nicht aus den Augen verliere, schreibe ich sie auf. Ob es nun ist, einen Land Rover Defender zu kaufen, ihn auszubauen und damit einen Roadtrip durch Marokko zu starten, Arabisch zu lernen oder meine Kinder in den Waldkindergarten zu schicken, ist ganz egal. Auf dieser Liste wird all das notiert, was mein Herz glücklich machen könnte und was ich auf meinem Sterbebett nicht in meinen Erfahrungen missen möchte. So sind wir Ypsiloner eben. Wir haben Visionen, Ideen und Tatendrang. Drei Charaktereigenschaften, die uns oft zum Verhängnis werden.

Von zeitraubenden Zeitrechnungen

Was diese Liste an Ideen nämlich oft mit mir anrichtet, ist, mich unter enormen Druck zu setzen. Am liebsten würde ich nämlich jedes Mal beim Hinkritzeln eines neuen Plans sofort einen Haken dahinter setzen und alles erledigen, bevor sich schon wieder neue Pläne in meinem Kopf spinnen. Weil ich noch so viel vorhabe in meinem Leben, habe ich oft jetzt – mit 23 – schon das Gefühl, dass mir die Zeit davonläuft. Also ist akribische Zeitplanung angesagt. Keine Gelegenheit wollen wir Ysis uns entgehen lassen. Dass uns mit einer solchen Einstellung immer wieder mal etwas zu langsam geht, sollte folglich verständlich sein.

So werden wir nicht erst nervös, wenn jemand einen Tag braucht, um auf eine Mail zu antworten, sondern bereits zehn Minuten, nachdem das Gesehen: 18.32 auf unserem Bildschirm erscheint und der Empfänger unserer Nachricht noch nicht zurückgeschrieben hat. Oder wenn die Internetseite nicht lädt und wir bereits auf drei andere Tabs geklickt haben, um die Zeit zu überbrücken. Oder wenn wir auf dem Klo sitzen und mit dem Finger über unser Smartphones streichen, um die Zeit während des Pinkelns so gut als möglich zu nutzen. Ypsilonsches Zeitmanagement heißt eben: Nur keine Zeit vergeuden! Schnell muss es gehen, das ist Ypsilon. Daher kommt es wohl auch nicht von ungefähr, dass wir Ypsiloner im Durchschnitt neun Arbeitgeber haben. Darauf zu warten, dass es uns in unserem Job gut geht, dauert uns nämlich zu lange, also wechseln wir einfach.

Carpe diem

Die Geduld ist dabei das kleinste Problem. Eher ist es der Mangel an Geld und Zeit, der uns zu schaffen macht. Hätten wir von beidem mehr, bräuchten wir auch nicht ständig diesen Startschuss im Nacken zu hören, der unseren persönlichen Wettlauf mit der Zeit einleitet. Was wir in dem ganzen Planen-und-Umsetzen-Trott jedoch noch nicht ganz realisiert haben, ist, dass derjenige, der diesen Startschuss abgibt, niemand geringeres als wir selbst sind. Wir sind die Spielleiter in unserem eigenen Rennen mit der Zeit. Und wir machen die Regeln. Schließlich haben wir die Zeit mit unseren Plänen auch herausgefordert. Wir allein entscheiden als Verwalter unserer Zeitbank also, wann wir was machen, wie viel Zeit wir dafür hergeben und wie schnell wir diese Zeit investieren. Dass man uns deshalb mit dem negativ belasteten Attribut der Ungeduld rügt, ist hart. Nach Ypsiloner-Logik ist diese Attitüde nämlich viel eher die effiziente Nutzung der Möglichkeiten zum Verbessern der eigenen Lebenssituation. Wir pflücken den Tag und leben das carpe diem, anstatt es nur zur Deko in geschnörkelten Gold-Buchstaben an unsere Zimmerwand zu malen. Wir sind bereit für Veränderung, immer und überall. Und das macht uns flexibel, nicht ungeduldig.