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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 11.11.2013
Leben

Die Sprayer

Veröffentlicht
am 11.11.2013
Verschönern oder verunstalten Graffitis die Stadt? Das ist Meinungssache. Zwei junge Sprayer sagen, was sie darüber denken und zeigen ihre Kunstwerke.
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Die meisten Sprayer wollen nicht erkannt werden.

Hässliche Schmierereien oder Kunst? Die Meinungen über Graffitis sind zwiegespalten. Dabei gibt es einen großen Unterschied zwischen den Kritzeleien vieler Jugendlicher und aufwendig ausgearbeiteten Kunstwerken. Zwei junge Graffitikünstler sehen das auch so und finden, dass die Schmierereien mit Graffitikunst nicht wirklich was zu tun haben. Heute wollen die beiden ihre Orte zeigen, wo sie sich bereits ausgetobt haben. Und möchten dabei anonym bleiben. Verständlich. Ist ja nicht immer legal die Sache.

Kunst aus der Dose

Nach einiger Zeit im Auto und mehrmaligem falschen Abbiegen ist der „Tatort“ erreicht. Die Jungs zeigen stolz das große Graffiti an einer Mauer unterhalb der Schnellstraße Meran-Bozen. Dafür konnten sie sich Zeit lassen, denn es ist eines der legalen Graffitis der beiden Künstler. Zusammen mit einem Freund (der für den Mops verantwortlich ist) haben sie es an die Wand gebracht. Dass die beiden am liebsten Schriften aufmalen, zeigt sich sofort auf der großen, grün angesprayten Mauer. „Die Buchstaben sollen Schwung haben“, sagt der 18-Jährige, der sich Beow nennt. Das hätten viele der Sprayer aber nicht drauf. Der Stil der beiden erinnert an den sogenannten „Wildstyle“. Diese Graffitiart ist sehr aufwendig und deshalb für die Outsider der Szene, aber auch für die meisten in der Szene unlesbar. Neben dieser Technik gibt es noch unzählige mehr, wie realistische Graffitis, 3D oder Stencils, welche mithilfe von Schablonen aufgesprüht werden. Wie auf jedem Kunstwerk verewigten sich die Freunde auch hier mit ihrem Namen. Nicht mit dem richtigen, das ist klar. In der Graffitiszene sind sie unter den Namen Ebos und Beow bekannt. Sie gehören zu einer Gruppe von Sprayern, die sich 192 nennt. Wenn man in Bozen die Augen offen hält, kann man die Zahl an so mancher Mauer sehen.

Es geht weiter zu einem anderen Graffiti, das die beiden zeigen wollen. Es ist riesig, illegal und befindet sich in einem langen Tunnel. Mehrere Freunde haben mitgeholfen ihn zu verschönern und etwas bunter zu machen. Leider macht der hohe Wasserpegel einen Strich durch die Rechnung. Der Eingang ist überflutet. Ebos, der übrigens schon in Schweden gesprüht hat, nutzt die Gelegenheit um sich mit einem Textmarker auszutoben. Schließlich war der Weg hierhin weit und nicht gerade einfach. Wieder die Zahl 192. Dann zücken die Jungs die Farbdosen, die in der Szene auch als Can bezeichnet werden. Bekleidet mit Kapuzenpullover und Basecap stehen sie vor der abgelegenen Mauer. Der erste Sprühnebel fliegt auf das kahle Grau. Mit fließenden Bewegungen nimmt der neue Schriftzug immer mehr Form an. Bis die Konturen fertig sind dauert es etwa drei Stunden. Das Ausmalen noch einmal genauso lange. Beow und Ebos sind geübt in der Streetart, kennen viele andere Künstler aus Südtirol und Deutschland und haben ihre eigene Facebookseite, deren Namen sie aber nicht verraten wollen. Auch ihren Lieblingssprayort halten sie lieber geheim: „Sonst könnte man uns ja finden“, sagen die beiden und lachen.

Legale und illegal

Es gibt mehrere Projekte, die den Graffitikünstlern leeren Raum geben, um sich zu entfalten und um sie weg vom illegalen Sprayen zu bringen. MurArte gibt Graffitikünstlern etwa die Möglichkeit, sich legal auf eigens dafür vorgesehenen Wänden in Bozen auszuleben. Organisiert von der Stadt Bozen um verschiedene Stadtviertel zu verschönern und die Kreativität der Jugendlichen zu fördern, kommt das Projekt auf allen Seiten gut an. Unter dem Motto „Von der Straße ins Museum“ organisierte MurArte dieses Jahr das „Cans in Frames“, also Spraydosen in Bilderrahmen. Die Kunst von der Straße konnte so für einige Zeit als Ausstellung im Museion bewundert werden.

Zudem werden immer wieder Graffiti Jams organisiert. Ebos und Beow sind begeistert von dieser Idee, denn so haben sie die Möglichkeit legal zu arbeiten. Künstler aus ganz Europa trafen beispielsweise beim „39C Graffiti Jam“ in Bozen aufeinander. Ihr Talent zeigten die Teilnehmer des Jam's an einer 2.000 Quadratmeter großen Wand in der Lancia Straße. Mit reichlich Farbe durften sie den nackten Stein verschönern. Viele Jugendzentren bieten außerdem Workshops an, wo Techniken gezeigt und legal gesprayt werden darf.

Wahrscheinlich gibt es für die Künstler aber viel zu wenige solcher Veranstaltungen. Dann brauchen die Jugendlichen Alternativen und schon sind sie auf der illegalen Seite. „Wie suchen abgelegene Orte und passen auf, dass man uns nicht erwischt“, erzählt der 16-jährige Ebos. Wer dabei denkt, dass sie in der Dämmerung oder sogar in der Nacht am Werk sind, der irrt. Meistens werkeln sie am helllichten Tag. Und meistens in Bozen, wo die Graffitiszene Südtirols am stärksten sei. Durch die hohen Reinigungskosten winken hohe Strafen, sollten die Sprayer auf frischer Tat ertappt und angezeigt werden. „Einen Freund von uns haben sie einmal erwischt“, sagt Ebos. Sie machen trotzdem weiter. Weniger wegen des Reizes am Illegalen, obwohl Beow zugibt das pushe schon. Es geht den beiden Jugendlichen vielmehr darum, dass sie ihre Kunst überall in der Stadt bewundern können. Mit einem Grinsen im Gesicht sagt Ebos zum Abschluss: „Es schaut danach einfach bärig aus.“

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