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Anna Luther
Veröffentlicht
am 02.09.2020
LebenZukunftspakt für Südtirol

„Krisenfest und zukunftsfähig“

Veröffentlicht
am 02.09.2020
Südtirol soll zu einer Modellregion für Nachhaltigkeit werden, so das Ansinnen einer Initiativgruppe rund um den Klimaforscher Georg Kaser. Wie soll das gehen?
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Die Gärtnerei Schullian am Stadtrand von Bozen ist nicht nur ein Ort für Blumenfreunde. Hier finden zwischen alten Glashäusern und Pflanzen regelmäßig auch Diskussionsabende statt oder es werden Kulturprojekte und neue Initiativen vorgestellt, welche die Gesellschaft weiterentwickeln sollen. An diesem Dienstagvormittag, es ist der 1. September, ist es wieder soweit. Vorgestellt wird das Projekt der Initiative „Zukunftspakt für Südtirol – Patto per il futuro dell’Alto Adige“. Das Ansinnen der Projektgruppe hat es in sich: Südtirol soll zu einer Modellregion für Nachhaltigkeit werden. Dafür sollen und können sich alle Bürger und Bürgerinnen einbringen.

Aber von welchen Vorstellungen wird die Initiative getragen und wer steht dahinter? Die Initiatorinnen und Initiatoren sind keine Unbekannte. Einer davon ist der renommierte Klimaforscher Georg Kaser, der seit Jahren die Folgen des Klimawandels erläutert. Sein Wort hat Gewicht. Er sagt: „Südtirol und andere Regionen in der EU können die Richtung vorgeben. Das sind wir dieser letzten Chance, die wir haben, schuldig.“ Das Ziel ist ambitioniert – in Anbetracht der Lage aber wohl vernünftig. Schließlich bleibt nicht mehr viel Zeit, den Kollaps von Ökosystemen und damit von Gesellschaften und der globalen Wirtschaft zu verhindern.

Das Manifest
Um die große Herausforderung durch den Klimawandel anzunehmen, haben Georg Kaser und 13 weitere Bürgerinnen und Bürger ein Manifest formuliert. Darin heißt es zu Beginn: „Es gilt, das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben neu aufzubauen, und zwar wirklich krisenfest und zukunftsfähig. In unserer Verantwortung liegt es, jetzt die Weichen dafür zu stellen, dass unsere Kinder und Enkelkinder intakte Lebensräume, nachhaltige Versorgungssysteme und leistungsfähige Infrastrukturen vorfinden, ganz im Sinne der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen.“

Die Initiativgruppe will einen Prozess ins Rollen bringen, der niemanden außen vor lässt.

Aber wie soll das gehen? Die Grundlagen dafür bietet die Wissenschaft schon lange, ist sich Kris Krois sicher. „Die großen Krisen von heute wie die Klimaerwärmung, das Artensterben, die extreme Ungleichheit, die Ausbeutung und das weltweit oft fehlende Recht auf Mitbestimmung sind gut erforscht“, so der Kommunikationsdesigner, der den Masterstudiengang in ökosozialem Design an der Universität Bozen leitet. Außerdem zeige der Umgang mit der Corona-Krise, dass entschlossenes Handeln möglich ist. Und für Krois und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter ist klar: Um tiefgreifende Veränderungsprozesse zu organisieren, brauche es das Wissen und die Kreativität von vielen Menschen. Deshalb schlägt die Initiativgruppe einen Zukunftspakt vor, der nicht nur eine ungenaue Absichtserklärung sein soll. Sie wollen einen Prozess ins Rollen bringen, der niemanden außen vor lässt.

Das will auch Sabina Frei, Expertin für Partizipation an der Universität Bozen. In der Pressekonferenz betont sie, dass nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Expertise für eine nachhaltige Entwicklung mitbringen, sondern jeder Mensch. Denn durch unsere Alltagserfahrungen wissen wir, vor welchen kleinen und großen Problemen wir täglich stehen und wie diese Probleme mit den großen Krisen zusammenhängen. So könnten alle mit der Expertise ihres eigenen Lebens zu einem Nachhaltigkeitsplan für Südtirol beitragen.

Vom Wissen zum Wollen, vom Wollen zum Tun
Dieser Nachhaltigkeitsplan, der Kernpunkt des Paktes, soll ein Zeitfenster von 10 bis 15 Jahren umfassen und „die Weichenstellungen in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung mit den ökologischen Erfordernissen“ abstimmen, heißt es im Manifest. Die Entwicklung des Planes soll mit öffentlichen Geldern finanziert und von einem unabhängigen Zukunftsrat begleitet werden. Die politische Autonomie bilde die Basis, um in vielen Bereichen vom Wissen zum Wollen und vom Wollen zum Tun zu gehen. Im Manifest werden dabei schon einige Ziele benannt: Klimaneutralität bis 2035, Ausbau einer regionalen Kreislaufwirtschaft, Entwicklung eines​ nachhaltigen Nahverkehrssystems oder die Ermöglichung aktiver Teilhabe​ an Gestaltungs- und Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen.

„Niemand hat fertige Antworten und Lösungen für die komplexen Fragen.” (Mitinitiator Johannes Engl)

Wie geht es weiter? Rund 250 Personen haben den Zukunftspakt auf der Website zukunftspakt-pattofuturo.org bereits unterzeichnet, es sollen noch deutlich mehr werden. Und das Entscheidende: Die Initiatorinnen und Initiatoren laden den Landtag und die Landesregierung dazu ein, „den Prozess einzuleiten, die Formen der Zusammenarbeit zwischen Bürgergesellschaft, Wissenschaft und Politik auszuarbeiten und die nötigen Ressourcen bereitzustellen.“

Der Unternehmer und Mitinitiator Johannes Engl ist bereits jetzt von der breiten und spontanen Zustimmung überrascht. Es zeige, dass der Wunsch nach einem nachhaltigen und zukunftsfähigen Südtirol in der Südtiroler Bevölkerung vorhanden ist. Er weiß aber auch: „Niemand hat fertige Antworten und Lösungen für die komplexen Fragen. Denn es gibt viel Neues zu denken und auch Mut zu entwickeln für neue Ideen.“

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