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Lenz Koppelstätter
Veröffentlicht
am 29.06.2013
Meinung865 Kilometer

Wie schön ist Brandenburg

Veröffentlicht
am 29.06.2013
Berlin bietet so vieles, aber was bietet das Umland? Ist das für immer? Teil 2
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Es gibt viele junge Menschen, die irgendwo in der Provinz aufgewachsen sind, jetzt in der Hauptstadt leben und hier einen Partner gefunden haben. Viele dieser jungen Paare haben die Verbindung zu alten Freunden aus ihrer Heimat abgebrochen. Einfach zu viel zu tun gehabt, in der großen Stadt neue Freundschaften geschlossen. Schnell mal ein Bier um die Ecke ist einfacher, als aus der Ferne Kontakt zu halten. Diese jungen Paare beschließen oft nach langem Hin und Her, Berlin zu ihrer neuen Heimat zu machen. Sie versuchen sich vorzustellen, wie das wohl wäre, hier alt zu werden. Sie kaufen sich vielleicht eine Wohnung, und: Sie schauen sich im Umland um. Denn zu Heimat gehört, dass man auch das Umland kennt. Die schönen Ecken. Die schönen Orte, an denen man mal entspannen kann.

Das Umland von Berlin, das ist Brandenburg. Brandenburg hat so schöne Ecken, sagen alle. Fahr' doch mal an den Müggelsee, sagen alle. Vielleicht reden die sich alle etwas schön, denke ich mir. Vielleicht, weil sie es tun müssen. Weil sie ja jetzt hier Zuhause sind. Vielleicht haben sie aber auch recht, vielleicht ist es nur für mich so verdammt schwer, den Müggelsee schön zu finden. Kurz: Ich mag den Müggelsee nicht! Müggelsee, wie das schon klingt! Das Wasser ist warm wie in einer Badewanne. Ich mag kalte Alpenseen! Den Bodensee, da kommt meine Freundin her, finde ich auch noch okay. Letztens habe ich meinem besten Freund aus Südtirol (als wir wieder einmal Bier tranken unter den Reben) vom Müggelsee erzählt. Warmes Wasser im See, sagte er, das sei noch schlimmer als warmes Bier unter den Reben und holte noch zwei kalte Flaschen aus dem Kühlschrank.

Letztens haben mich zwei Freunde überredet, eine Seen-Wanderung zu machen. In Brandenburg. Brandenburg hat über 3.000 Seen, es ist das deutsche Bundesland mit den meisten Gewässern. Wir kamen an Seen vorbei, an die keine Straße führt, wo weit und breit niemand zu sehen war, wir schwammen inmitten dieser unberührten Natur. Auch wenn das Wasser warm war. Ich dachte: Diese Einsamkeit, die finde ich in Südtirol kaum. Da sitzt auf jedem Gipfel schon jemand, auf den man gerade raufklettert, da schwimmt in jedem See schon jemand, in den man hineinspringt.

In Brandenburg leben kaum noch Menschen. Die Jugendlichen gehen weg. Brandenburg stirbt aus. Mir wurde bewusst, dass für mich Deutschland immer nur die großen Städte waren: Berlin, München, Frankfurt, Hamburg. Ich habe nie in der deutschen Provinz gelebt. Ich habe sie mir nicht einmal angeschaut. Ich dachte immer: Provinz, das ist Südtirol. Dabei ist Provinz überall.

Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich aus einer Provinz komme, in die ich zurück kann, wenn ich möchte. Die dann noch so da ist wie ich sie in Erinnerung habe. Wo ich wahrscheinlich Arbeit finde, wo ich noch alte Freunde treffe, wo meine Familie ist. Käme ich aus manchen Ecken Brandenburgs, könnte ich das nicht. Da gibt es keine Arbeit, da lebt kaum noch wer. Meine Freundin und ich, wir haben nicht beschlossen, dass Berlin unsere neue Heimat wird. Wir leben gerne hier, aber wahrscheinlich nicht für immer. Vielleicht ziehen wir bald nach Südtirol. Vielleicht an den Bodensee. Als ich dort letztens im Juni reinsprang, bin ich fast erfroren.

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