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Lenz Koppelstätter
Veröffentlicht
am 07.06.2013
Meinung865 Kilometer

Più pella kosa non tschä!

Veröffentlicht
am 07.06.2013
Deutsch-italienisches Gipfeltreffen beim Ramazzotti-Konzert: Berlin all'italiana – Teil 1
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Das schöne an Klischees ist, dass sie immer stimmen. Ein Donnerstagabend, Eros Ramazzotti ist zu Gast in der o2-World, der größten Konzertbühne der Stadt. Da trifft Italien auf Deutschland, nur dass es diesmal nicht um Fußball geht, sondern ums Mitschunkeln. Alle zusammen und irgendwie halt doch nicht.

Großes Durcheinander vor der Bühne. So eine Mischung aus deutschem Andrea-Berg- und Peter-Maffay-Publikum und noch ein paar Tausend Italiener. Die Deutschen suchen ihre Sitzplätze, die Italiener haben sich einfach irgendwo vorne hingestellt, die Saalordner sind am verzweifeln. Die Deutschen würden sich jetzt gerne aufregen, aber dafür ist es zu laut und zu dunkel und außerdem wollten sie ja einen entspannten Abend verbringen, ein bisschen Italien-Feeling, aber so ist es halt meistens bei den Deutschen: Sie wollen so unbedingt entspannt sein, dass sie dann doch wieder verkrampfen.

An der Snackbar gibt es Brezel und Bier. Ich stehe also da, in meinem linken Arm meine Freundin, die zu „Un attimo di pace“ schunkelt, in meiner rechten Hand eine trockene Brezel und ein warmes Bier. Ramazzotti auf der Bühne im Schlabberlook, seine Musiker im italienischen 1990er-Jahre-Style: Armani-Sakko, weißes T-Shirt, Armani-Jeans.

Deutsch? Italienisch? Ich bin wohl so irgendwas zwischendrin. Kein Deutscher. Das merkt man, auch nach ein paar Jahren noch (außer man ist Markus Lanz und hat sich das Deutsch-Sein antrainiert). Man teilt nicht die gleichen Erinnerungen. Ich kenne das Deutschland der 1990er-Jahre nicht. Ich kenne nur die Schwarzwaldklinik und das Traumschiff und Derrick, weil wir Zuhause auch ZDF empfangen haben.

Eros Ramazzotti dagegen ist eine meiner ersten Kindheitserinnerungen, als in den ewig langen Kindersommern abends immer„Festivalbar“ im Fernsehen lief und ich dafür länger aufbleiben durfte. Da traten sie alle auf: Ramazzotti, Gianna Nannini, Vasco Rossi, Umberto Tozzi.

Meine erste politische Kindheitserinnerung ist nicht der Fall der Mauer, der irgendwo da oben in Deutschland stattfand, sondern die Bomben in Jugoslawien, die man angeblich vom Strand in Rimini aus als Lichtkegel am Horizont sehen konnte.

Deutsche? Das waren für mich als Kind in Südtirol die alten Leute, die in großen Autos im Herbst so langsam die Weinstraße von Kaltern nach Tramin runterfuhren, dass sogar unsere langsamen Fendt-Traktoren sie meistens überholten.

Aber ich bin auch kein Italiener. Dafür klingt es, wenn ich bei Eros Ramazzotti mitsinge, einfach zu sehr nach: „Più pella kosa non tschä!“ Und dafür klammere ich mich auch ein bisschen zu sehr an meine Brezel, und die Sonnenbrille steckt auch nicht so als ob festgeklebt im Haar, sondern rutscht immer wieder auf die Nase runter.

Ja, ich bin irgendwas dazwischen. Und das passt so. Ich möchte kein Deutscher sein. Und Italiener eigentlich auch nicht.

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