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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 23.07.2015
MeinungWir Ypsiloner

Generation Ego

Veröffentlicht
am 23.07.2015
Unsere Generation stellt das Ich an oberste Stelle. Egoisten sind wir deshalb aber keine.
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„Ich mach mir die Welt, widde widde wie sie mir gefällt …“ Pippi Langstrumpf-Fan war ich ja schon immer. Als Mama mir noch Zöpfe geflochten hat, saß ich oft stundenlang da und lauschte Pippis Kassetten oder sprach die einzelnen Szenen Wort für Wort nach. Pippi war mein Vorbild. Und sie ist es immer noch. Immerhin ist Pippi Single, hat ein Haus, ihren eigenen Kleidungsstil, zwei Freunde zum Pferde stehlen, einen saucoolen Papa, kann sich selbst Flugzeuge bauen, ist stark genug, um sogar ihr Pferd hochzuheben und vor allem ist sie eines: frei. Sie folgt ihrem Herzen und macht das, was sie für richtig hält. Pippi ist damit Sinnbild unserer Generation. Frech, wild und wunderbar – aber noch lange keine Egoistin.

Viel zu oft wird dieser Sinn für Freiheit und die Suche nach dem eigenen Lebensweg mit Egoismus verwechselt. Wissenschaftler kommen aus dem Jammern über uns egoistische Ypsiloner gar nicht mehr heraus: Weil wir Egoisten sind, scheitern unsere Beziehungen. Weil wir Egoisten sind, sind wir unpolitisch. Weil wir Egoisten sind, können wir uns auf nichts festlegen.
Und jeder meiner Ex-Freunde würde diese Thesen anhand meiner Wenigkeit wahrscheinlich bestätigen. Na gut, ich gebe ja zu, dass eine kleine Prise Egoismus bestimmt auch in meinem Charakter steckt, aber als Egoistin lasse ich mich deshalb trotzdem ungern bezeichnen. Wer sucht denn auf dieser Welt schon nicht nach dem eigenen Wohl?

Der Wunsch nach Selbstverwirklichung liegt in der Natur des Menschen. Die Generationen vor uns konnten ihn wahrscheinlich einfach besser ignorieren.

Ein Mann muss einen Baum pflanzen, ein Kind in die Welt setzen und ein Haus bauen, dann ist sein Leben vollkommen. Wenn das mal so einfach wäre. Zur eigenen Zufriedenheit zu finden, ist wohl das schwierigste Poker-Game, das man im Leben zu spielen hat. Viele Jahre verbringen wir damit, uns selbst zu finden und zu verstehen, was wir eigentlich vom Leben wollen, um dann schlussendlich den Versuch zu wagen, unseren Wunsch auch zu verwirklichen. Bloß dass unsere Sehnsucht nach Selbstverwirklichung kurz und schmerzlos als Egoismus abgestempelt wird. Dabei liegt dieser Wunsch ja wohl in der Natur eines jeden Menschen. Die Generationen vor uns konnten ihn wahrscheinlich einfach besser ignorieren als wir. Aber dass wir dafür als Egoisten bezeichnet werden, ist etwas unfair.

Viel eher ist das, was wir Ypsiloner machen, eben das, was auch Pippi macht. Wir folgen unserem Herzen in Richtung Zufriedenheit und versuchen das Bestmögliche für uns aus unserem Schlamassel zu machen. Auf diesem Planeten nicht zum Egoisten zu werden, ist gar nicht so einfach. Schließlich wird man in der Schule nicht etwa belohnt, wenn man einem Mitschüler durch Schwindeln weiterhilft, sondern viel eher, wenn man ihn verpetzt. Egoismus wird uns quasi anerzogen. Unsere Gesellschaft ist voll von Egoisten, die sich mit spitzen Ellenbögen durchs Leben boxen – ohne Rücksicht auf Verluste. Je härter man boxt, desto weiter kommt man. Sei es in der Schule oder später im Beruf.

Genau deshalb pfeifen wir Ysis auf den Erfolg, den uns der Egoismus vielleicht bringt. Weil wir unserem Ego folgen und uns selbst finden, wissen wir, was für uns am besten ist und handeln am Ende einfach danach. Vielleicht sind wir dann unpolitisch, haben keine Beziehungen oder keine Antwort, wenn uns jemand danach fragt, was wir in fünf Jahren beruflich machen wollen. Doch genau deshalb werden wir in fünf Jahren auch nicht enttäuscht sein. Ego-Taktik nennt man das. Nicht Egoismus.
Ego-Taktiker wie wir versuchen, ihr eigenes Ich taktisch bestmöglich in die Gesellschaft einzureihen. So, dass eigene Wünsche und Vorstellungen realisiert werden können, ohne dabei die anderen mit der bloßen Aussicht auf den eigenen Nutzen zu vergessen – ohne dabei also egoistisch zu sein. Wir machen uns die Welt, widde widde wie sie uns gefällt.

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