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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 05.03.2019
Meinung40 Wochen

Abwarten und …

Veröffentlicht
am 05.03.2019
Die Vorbereitungen für die Geburt sind in vollem Gange. Doch wie bereit kann man für so ein Ereignis eigentlich sein?
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Scheiß aufs Christkind! Und darauf, das erste Mal bis nach Mitternacht in einer Diskothek zu tanzen. Scheiß auf den ersten Kuss, den 18. Geburtstag, den Führerschein oder das lang ersehnte Prüfungsergebnis an der Uni. All das ist nichts im Vergleich zu den letzten Wochen einer Schwangerschaft. Hier nehmen das Warten und die Vorfreude gerade völlig neue Dimensionen an.

Die Ironie des Lebens

Ich weiß nicht, ob es die Hormone sind, die diese Zeit so unheimlich aufregend, spannend, nervig und anstrengend zugleich machen oder schlicht und einfach der Fakt, dass es jetzt wirklich nur noch Tage oder gar Stunden dauern kann, bis ich Herzmensch endlich in meinen Händen halte. Jedenfalls zehrt dieser Prozess an mir. Denn es fühlt sich geradewegs so an, als würde ich in einer überdimensionalen Zeitmaschine festsitzen, die diese Wochen zu einer Ewigkeit werden lässt. Und Geduld ist bekanntlich meine größte Schwäche.

Wie oft habe ich mir vor meiner Schwangerschaft, inmitten meiner ganzen Jobs und Hobbys, so sehr etwas mehr Zeit herbeigesehnt. Und nun, wo dieser Wunsch doch tatsächlich in Erfüllung gegangen ist, machen mir mein überdimensionaler Bauch, Senkwehen, Atemnot und ständiger Harndrang einen Strich durch die Rechnung. Entgegen all der wohlwollenden Tipps meiner Mitmenschen kann ich die ganzen „letzten Male“ in diesen Konditionen nicht wirklich genießen. Wer weiß, wie sehr ich mich in ein paar Wochen nach langem Ausschlafen, einem ruhigen Kinoabend oder etwas Zweisamkeit bei einem gemeinsamen Abendessen sehnen werde. Aber bekanntlich kann es einem das Leben ja nie Recht machen. Was man hat, fehlt einem immer erst, wenn man es dann mal nicht mehr hat.

Entgegen all meiner Vorsätze werde ich also jetzt schon zum Hausmütterchen – und das, obwohl staubsaugen und Wäsche aufhängen sich bereits wie Hochleistungssport anfühlen. Ich habe mich vor meinem Körper ergeben und bin zur brütenden Vogelmutter mutiert.

Und wer brütet, der will natürlich ein schönes Nest dafür. Das Babybettchen ist frisch bezogen, die ersten Kleider in Miniaturformat liegen frisch gewaschen und gefaltet darauf bereit und auch die Stoffwindeln sind fein säuberlich auf der Wickelkommode gestapelt. Ein Wunder, dass ich noch nicht der Versuchung erlegen bin, sie auch noch farblich zu ordnen. Der Nestbautrieb kann jedenfalls ganz schön nützlich sein, wenn man vermeiden will, jedes Zwicken und Zwacken im eigenen Körper fälschlicherweise als Startschuss für die Geburt zu interpretieren. Also baue ich fleißig und nutze die Zeit, um mich noch einmal ausgiebig mit der bevorstehenden Geburt zu beschäftigen.

Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß

Gefühlt habe ich in den letzten Tagen alle Geburtsvideos, die Youtube zu bieten hat, bereits drei Mal gesehen. Vor allem das Bildmaterial zu den Alleingeburten hat mich dabei fasziniert. Lauter Mütter, die dem World Wide Web kein Detail vorenthalten. Ich weiß also, in welchen Phasen eine Geburt abläuft, wie verschieden sich diese von Frau zu Frau verhalten können, wie es aussieht, wenn sich das kleine Köpfchen samt Babykörper zwischen den Schamlippen nach außen schiebt und natürlich, was dabei alles schief laufen kann. Den Rest, auch wenn nach all dem Zappen so gut wie keine Frage mehr offen bleibt, erklärt mir entweder meine liebe Hebamme oder ich werde ihn eben dann selbst erfahren, wenn es endlich so weit ist.

Doch wie gut kann man sich auf eine Geburt eigentlich vorbereiten? Und wie gut muss man? Kriegt man nicht viel eher kalte Füße, wenn man sich zu sehr in das Thema reinhängt?

Wenn man all den Horrorszenarien aus Hollywood-Filmen glaubt, in denen den Frauen literweise Fruchtwasser ihre hübschen Klamotten versaut, ehe sie schreiend und an verschiedenste Kabel angeschlossen in einer Blutlache auf einem weißen OP-Laken liegen, dann ja. Dabei ist Gebären doch der natürlichste Prozess auf dieser Welt. Erst der Lauf der Dinge in der Geschichte hat die Geburt zu einem Ereignis gemacht, das mit Schmerzen, Angst und Leid in unsere Köpfe gebrannt wurde. Eine Geschichte, die Frauen tausende Jahre vor Christus als Lebensspenderinnen huldigte und sie einige Jahrhunderte nach Christus während der Schwangerschaft und Geburt isolierte oder sie mit Chloroform betäubte und mit eisernen Geburtszangen malträtierte. Die Geschichte hat gemeinsam mit den Medien unser Bild von der Geburt in blutrot gezeichnet und sie mit der Angst auf eine Stufe gestellt.

Ich weigere mich, dieses bevorstehende, wundervolle Ereignis auf diese Weise zu betrachten und vertraue viel eher einer enormen Urkraft, mit der unsere Frauenkörper gesegnet sind. Wir alle wurden dazu geboren, um wieder zu gebären und das Leben auf dieser Erde so zu erhalten. Und ich freue mich, dieses Privileg zu genießen und die Kraft der Geburt in meinem Körper zu spüren. Auch wenn es vielleicht etwas schmerzhaft wird, zahlt sich das ganze Warten doch bestimmt noch aus.

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