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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 05.02.2015
LebenProjekt „Making Stories“

Aus alt mach brauchbar

Veröffentlicht
am 05.02.2015
Sie hauchten alten Objekten neues Leben ein: Das Ergebnis zeigen Studenten der Universität Bozen jetzt in einer Ausstellung. BARFUSS hat drei von ihnen getroffen.
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v.l.n.r.: Die Studenten Lucrezia Faraci, Alessia Santoro und Matteo Camarca.

Wer kennt das nicht: einmal auf die Brille gesetzt, schon ist sie kaputt und kaum mehr zu gebrauchen, ein alter Gameboy liegt neben dem Walkman verstaubt im Keller und bei der Lieblingstasse von Oma ist der Henkel abgebrochen. All diese Dinge landen meist früher als später in der Tonne. Genauso wie unzählige Elektronikprodukte, bei denen der Verschleiß systematisch mitkalkuliert wurde – schließlich zählt heutzutage vor allem die Gewinnmaximierung.

„Das muss nicht sein“, sagten sich die Professoren Simone Simonelli und Abrahamsson Pekka Kalevi der Fakultäten für Informatik und Design der Universität Bozen. In Zusammenarbeit mit dem Open City Museum und dem TIS Innovation Park realisierten sie das Projekt „Making Stories“. 120 Studenten sammelten so viele Objekte wie möglich. So kamen 500 kaputte, ausrangierte oder unbrauchbare Dinge zusammen. In nur sechs arbeitsintensiven Tagen zauberten die Studenten aus hundert Objekten 70 funktionstüchtige oder sogar neue Produkte. Ein Brillenbügel-Kamm, ein Moka-Wecker, eine Glühbirnen-Weihnachtskugel oder ein Teddybär als Sprachlehrer sind nur einige davon. Drei der Studenten, Lucrezia Faraci, Alessia Santoro und Matteo Camarca, zeigen ihre Entwicklungen und verraten, welche Ideen dahinterstecken.

Ausgedruckte Produkte

Nach der langen Tüftelei sitzen die drei heute sichtlich entspannt nebeneinander an dem kleinen Tisch in der Uni. Vor sich ihre fertigen Produkte. Ganz links Lucrezia Faraci, 20 Jahre alt, aus Reggio Emilia. Sie hat eine kaputte Glühbirne, die sie selbst ins Projekt gebracht hat, zu einer Weihnachtskugel umfunktioniert.

„Ich weiß nicht warum, aber dieser Einfall kam mir gleich, als ich das Objekt sah“, sagt die zierliche Studentin und lächelt. Zum einen wegen der Form und zum anderen, weil sie beim Betrachten gleich an Weihnachtslichter denken musste. Wie ihre Mitstudenten ist Faraci gerade im ersten Semester. Erst seit einem knappen halben Jahr lebt sie hier in Bozen. „Ein einziges Abenteuer“, wie die Studentin findet. Die weihnachtliche Atmosphäre in Bozen, die Lichter am Christkindlmarkt und die üppige Dekoration waren ihre Inspiration für die Glühbirnen-Weihnachtskugel.
Nach einigen Skizzen auf Papier formte sie erste Modelle aus der Modelliermasse DAS, die sie jetzt aus ihrer Handtasche hervorholt: drei Zentimeter große Gewinde, mit einer runden Schlaufe zum Aufhängen. Erst danach folgte die Königsdisziplin, das Umsetzen im 3D-Programm am Computer und schließlich die Realisierung mit dem 3D-Drucker.

„Es war nicht leicht, mit der Software zurecht zu kommen und die richtigen Maße zu erkennen. Ich musste zweimal drucken“, gibt Faraci zu. Ihr habe am meisten gefallen, in so vielen unterschiedlichen Objekten zu kramen und sich dabei zu überlegen, wie man sie wieder nützlich machen könnte. Das fertige Gewinde, das sie jetzt an die Glühbirne geschraubt in ihren Händen hält, besteht aus einem beige-weißen Plastik. Es ist leicht, die Oberfläche glatt, darauf ein Stern-Relief.

Kaputten Objekten Leben einhauchen

Auch das Objekt von Mitstudent Matteo Camarca stammt aus dem 3D-Drucker. Der 20-Jährige aus Rom entschied sich für ein sehr starkes Vergrößerungsglas, eine Linse von fünf Zentimetern Durchmesser, bei der die Halterung fehlte. Das Objekt wäre so nicht nutzbar gewesen. „Der Sinn hinter der Erfindung ist, dass man die Lupe nutzen kann, ohne die Linse anzufassen“, so Camarca. Zig Ideen schossen ihm anfangs in den Kopf. Er machte mehrere Zeichnungen und Prototypen. Erst als er mit einem zufrieden war, begann er mit der Arbeit am Computer. Heraus kam eine Lupen-Halterung aus drei Teilen. „Um sie auseinander zu bauen, gibt es hier zwei kleine Haken“, erklärt der Student und drückt die Haken mit Daumen und Zeigefinger zusammen. Dann zieht er den breiten Griff heraus, nimmt Vorder- und Hinterfassung der Lupe weg und schon liegen die Einzelteile auf dem Tisch. Das Zusammenbauen geht ebenso schnell.

„Ein Designer arbeitet 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.“

Das Schwierigste an der Umsetzung des Projektes war auch für ihn, die richtigen Maße zu finden, damit das gedruckte Objekt mit dem vorhandenen zusammenpasste. „Wie viele Stunden das alles dauerte, weiß ich gar nicht“, sagt er heute. „Ein Designer arbeitet 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche“, wirft Professor Simonelli dazwischen und lacht. Er hat die Studenten vom Beginn des Projektes an unterstützt und wollte, dass sie nicht nur am Computer, sondern auch mit ihren Händen arbeiten mussten. „So wissen sie sich auch zu helfen, wenn die Technik einmal versagt“, erklärt Simonelli.

Ideen auf Knopfdruck

Die Funktion des dritten Objektes ist schwer zu erkennen, wenn es alleine auf dem Tisch liegt. Es ist ein dünner Halbkreis, mit einem breiteren Vorderteil und einem Loch in der Mitte. Alessia Santoro nimmt die Tasse, die vor ihr steht, in die Hand. Zartes Porzellan mit einer in hell-und dunkelblau aufgemalten Blume. Die Halterung ist abgebrochen. Und genau dafür ist das Produkt der 24-Jährigen aus Reggio Emilia gedacht: es ist ein ansteckbarer Henkel.

Die kaputte Tasse hat sie aus dem Sammelsurium der 500 kaputten Objekte ausgewählt. „Weil sie mich inspiriert hat“, sagt Santoro. Von wem sie ursprünglich stammt, weiß sie nicht. Vielleicht von einer älteren Dame, vermutet sie. Anfangs wusste die Designstudentin nicht, was daraus entstehen sollte. Die zündende Idee kam ihr erst nach einiger Zeit. Zwei Tage hat sie am Entwurf gearbeitet, dann folgte der Druck. „Am meisten beeindruckt hat mich, das Design am Bildschirm zu sehen und es dann plötzlich in den Händen zu halten“, sagt die Studentin.

Es sei eine Herausforderung gewesen, sofort einen Einfall parat zu haben und das Design umzusetzen, erzählt sie. Aber genau das sei auch hilfreich für das spätere Berufsleben. Was sie nach dem Studium machen will, weiß sie noch nicht. Wie ihre zwei Mitstudenten ist sie noch auf der Suche nach dem richtigen Weg. Ihr Studium hat gerade erst begonnen. Aber allein dieses Projekt hat allen gezeigt, wie vielfältig ihre spätere Arbeit sein könnte. Wahrscheinlich werden alle drei beim Produktdesign bleiben. „Was wir später machen wollen, ist die Eine-Million-Dollar-Frage“, lacht Faraci. „Uns stehen aber tausend Möglichkeiten offen“, fügt Santoro hinzu.

Die Ausstellung beginnt heute, am 5. Februar um 19 Uhr, im WunderFab in der Rosministraße 48 in Bozen. Bis am 13. Februar sind die Objekte der Studenten dort zu sehen. Ein Teil von Making Stories wird bei der Expogate der Expo 2015 in Mailand vorgestellt.

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