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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 20.01.2015
MeinungWir Ypsiloner

Generation Mingle

Veröffentlicht
am 20.01.2015
Über Tinderdates und schnellen Sex: Willkommen in der Liebeswelt der Ypsiloner.
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„Wenn man sich küsst, dann ist man zusammen. So war das zumindest bei uns“, sagt meine Mutter in einer Diskussion über die Liebe. Ja, Mama, die guten, alten Zeiten sind längst vorbei! Von Ja-Nein-Vielleicht-Briefchen, gesprayten Liebeserklärungen auf abgestellten Zügen und roten Rosen beim ersten Date können wir nur noch träumen. Die Realität ist ein Leben ohne Platz für Beziehungen, ohne Lust auf Bindung und ohne Nerv zur Diskussion. Was kaputt ist, wird ausgetauscht. Wenn das alte Geschirr im Sperrmüll landet, fährt man zu Ikea. Wenn man mit seinem Partner „lieber nur Freunde bleibt“, loggt man sich bei Tinder ein. So einfach ist das. Wie man heutzutage ernsthafte Beziehungen eingeht, bleibt mir ein Rätsel. Fest steht: Unsere Generation ist unfähig zu lieben. Oder zumindest sich zu binden.

Mamas Lovestory gegen unsere Liebesmiseren

Wir sind orientierungslos in einem Potpourri aus Beziehungsmodellen. Dabei wünschen wir uns eigentlich doch nur die Liebesgeschichten unserer Eltern erneut zu leben. Aber eine moderne Kennenlernromanze spielt nach einem ganz anderen Drehbuch:
Bei uns fängt es schon beim einfachen Kennenlernen an zu hapern. Gehört man auf der Suche nach einem neuen Partner noch nicht der Tinder-Generation an, muss man es auf normalem Wege versuchen. Das Ansprechen im wahren Leben. Real, direkt, spontan. Und scheinbar unmöglich für die Ypsiloner. Dieses so simpel scheinende „einfach so miteinander reden“ wird nämlich genau dann schwierig, wenn unterwegs alle auf ihre Touch-Screens schauen, man sich in der Realität nur für schnelle Tinder-Dates verabredet und beim Ausgehen nur mit dem Ziel unterwegs ist, jemanden mit nach Hause zu nehmen.
Es geht nämlich meistens nicht etwa um die große Liebe, sondern eher um nichts anderes als Sex. Schneller, ungezwungener Austausch von Körperflüssigkeiten. Ohne Liebe und erst recht ohne Aussicht auf Bindungen.

Ab und an kann es sein, dass dann doch einmal der utopische Fall eintritt und man wirklich einen potentiellen Partner (der – zumindest scheint es auf den ersten Blick so – nicht nur Sex will) ohne die Hilfe der Herz-App im echten Leben „matcht“, sich interessant findet, vielleicht sogar face-to-face miteinander spricht und sich schließlich verabredet. Man trifft sich. Einmal. Zweimal. Kino, Essen, Filmabend. Küsst sich. Dreimal. Fängt an sich regelmäßig zu schreiben. Viermal. Lädt zum Essen ein. Fünfmal. Sechsmal. Schläft miteinander. Dann schreitet das Kennenlernen jedoch höchstens so weit fort, bis das Dating den ersten Anschein von etwas Ernstem macht. Spätestens dann ziehen Ypsiloner generell nämlich den Schwanz ein.

Sex ist höchstens noch sowas wie der Pizzaservice. Man ruft ihn, wenn man Bock auf was richtig Geiles hat.

Während meine Mama bereits nach dem Punkt „küsst sich“ einen offiziellen Freund gehabt hätte, hängt meine Generation sogar nach dem letzten Punkt noch in der Luft. Zeiten, in denen ein Kuss oder das erste gemeinsame Mal eine Beziehung besiegelten, sind vorbei. Sex ist höchstens noch sowas wie der Pizzaservice. Man ruft ihn, wenn man Bock auf was richtig Geiles hat. Man verschlingt die heiße Pizza dann supergierig und wirft den leeren Pappkarton am Ende in den Müll. Traurig, aber wahr. Willkommen in der Welt der Ypsiloner, in der fixe Freunde wie Goldtrophäen behandelt werden und der gebräuchlichste Beziehungsstatus „Mingle“ ist.

Mingle?

Mixed und Single eben. Man weiß es halt nicht so genau, weil keiner so gerne drüber sprechen will. Also ist man lieber still und lässt den endlosen Status des Fragezeichens weiterlaufen. Man will zwar eigentlich eine Beziehung, aber Wunsch und Wirklichkeit sind zwei getrennte Kapitel.
Zur Erklärung: In dieser Mingle-Wolke ist man theoretisch single. Den ganzen coolen Kram, den Pärchen so machen, nimmt man aber doch mit. Wer kriegt schließlich nicht gerne eine Gute-Nacht-SMS, kuschelt ein Wochenende lang zappend auf dem Sofa oder wird mal schön zum Essen eingeladen? Nur das Komplizierte spart man eben aus. Mit Streit, Eifersucht und den täglichen Problemchen kommen nämlich die wenigsten zurecht. Kompromisse: Fehlanzeige. Wenn’s irgendwann also doch zu anstrengend wird, war man eh nie zusammen und braucht gar nicht mehr Schluss zu machen. Super praktisch, super herzbrechend, super Generation Y.

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