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Veröffentlicht
am 15.12.2014
PRLeuteKarriere im Handel

Vom Lehrmädchen zur Leiterin

Veröffentlicht
am 15.12.2014
Renate Hiller ist Geschäftsführerin von Pro Natura Bozen. Im Interview verrät die Boznerin, wie sie es schafft, Arbeit und Kinder erfolgreich unter einen Hut zu bringen.
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Sie habe damals einen Schubs bekommen, sonst hätte sie den Schritt nicht gewagt, sagt Renate Hiller, die im grünen Kittel im „Pro Natura” in Bozen steht. Schon das siebte Jahr führt sie das kleine Geschäft am Grieser Platz. Trockenfrüchte, Nudeln und Müsli stehen Reihe in Reihe aneinander. Daneben ein Regal voller Obst und Gemüse, dann die Käse- und Wurstwaren und Tiefkühlprodukte. Der Nebenraum ist für die dekorative Kosmetik reserviert: ein kleiner Supermarkt eben. Mit dem Unterschied, dass die 28-jährige Boznerin auf den rund 100 Quadratmetern nur biologische Produkte verkauft.
Mit 14 Jahren besuchte Hiller die Landesberufsschule Gutenberg in Bozen, mit 15 fing sie als Lehrmädchen bei „Pro Natura“ an, besuchte drei Jahre die Drogistenschule in Innsbruck und nebenbei eine Fachakademie für Reformhausverkäufer in Deutschland. Heute führt sie acht Angestellte, arbeitet immer noch Vollzeit und hat einen fast einjährigen Sohn. Nicht selten kam es im letzten Jahr vor, dass sie das Geschäft kurz verließ, um ihn in der zehn Minuten entfernten Wohnung zu stillen.
Wie kam es dazu, dass Sie Geschäftsführerin wurden?
Mit 18 Jahren hat mich Herr Theiner, der Gründer von „Pro Natura“, das erste Mal gefragt, ob ich einmal das Geschäft übernehmen wollte. Er und seine Frau hatten immer den Traum von einem Hotel, die Geschäfte sind dazwischen „passiert”. Als ich zwanzig war, haben sie in Gargazon ein Hotel eröffnet und mich nochmal gefragt. Ich sagte, ich könne es schon probieren. (lacht) Eigentlich habe ich nicht viel darüber nachgedacht. Später habe ich den Laden dann gekauft.

Wollten Sie immer schon Geschäftsführerin werden?
Nein. Wenn man meine Lehrerinnen in der Schule gefragt hätte, hätten alle gesagt, ich sei dafür nicht geeignet, weil ich so schüchtern war. Ob es Schüchternheit oder nur Zurückhaltung war, weiß ich nicht. Herr Theiner hat an mich geglaubt und dadurch habe ich einen Schubs bekommen, sonst hätte ich es wahrscheinlich nicht gemacht.
Man muss viel investieren und die Bank gibt einem mit zwanzig auch nicht so viel Geld. Das sind Hindernisse, die die jungen Leute oft davon abhalten, diesen Schritt zu wagen. Man muss auch einen gewissen Rückhalt haben, weil viele Kosten erst mit der Zeit auftreten. Ich hatte viele Freunde, die mir geholfen haben, teilweise auch die Kunden. Aus der Stammkundschaft haben sich Freundschaften entwickelt und es hat mir mal der eine und dann der andere unter die Arme gegriffen.

Welche Voraussetzungen braucht es, wenn man es so weit schaffen möchte?
Man sollte auf alle Fälle ziemlich neugierig sein. (denkt nach) Ansonsten sollte man noch entscheidungsfreudig und entschieden sein.

Welches sind Ihre täglichen Aufgaben?
Am Anfang habe ich mich ausschließlich selbst um den Einkauf gekümmert. Aber es wurde immer mehr, deswegen habe ich jetzt neue Leute, die bestimmte Aufgaben übernehmen. Ich kümmere mich heute hauptsächlich um die Kundenbetreuung, aber auch um den Einkauf und die Mitarbeiterführung.

Wie schaffen Sie es, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen?
Es ist oft schwierig, aber als Frau packt man das schon. (lacht)
Sicher hat man Tage, an denen alles zu viel wird. Man muss eben gut organisiert sein und wenn alles nach Plan verläuft, ist es gut. Wenn etwas dazwischenkommt, dann ist es natürlich anders, aber es funktioniert immer irgendwie. Das Wichtigste ist, dass der Kleine gut untergebracht ist, das mit der Arbeit klappt dann immer.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am besten?
Die zufriedenen Kunden. Wir haben viele Stammkunden und wenn man so tolle Produkte verkaufen kann, ist es einfach spannend. Es gibt ständig Neues auf dem Markt, das ist total interessant. Ich schaue mir an, wie die Produkte hergestellt werden, welche Firmen sie produzieren und was alles dahintersteckt.

Welches sind die größten Herausforderungen in Ihrem Beruf?
Das sind wahrscheinlich alltägliche Kleinigkeiten. Schwierig ist, dass es sehr viele Bioprodukte gibt und viel Werbung gemacht wird. Die Kunden möchten deshalb sehr viel Auswahl haben. Mittlerweile haben wir zum Beispiel nicht mehr nur ein Olivenöl im Sortiment, sondern zehn, weil die Kunden sehr individuell sind. Auch den Beruf mit der Familie zu vereinbaren, ist oft schwierig. Optimal wäre es, halbtags zu arbeiten und die restliche Zeit bei meinem Kind zu bleiben. Es würde auch laufen, wenn ich nur einen halben Tag im Geschäft wäre, aber vielleicht nicht so, wie ich es erwarte. Damit hadere ich noch ein bisschen.

Was bedeutet für Sie Bio?
Bio bedeutet für mich, dass die Qualität passt, dass keine Spritzmittel verwendet wurden und, dass das Umfeld auf den Anbauflächen in Ordnung ist. Jeder, der die Produkte anbaut oder produziert, soll gerecht entlohnt werden. Es sollte nicht zu viel angebaut werden und wir legen auch Wert auf lokale Produkte. Wir schauen, dass wir, so gut es geht, auf europäische Ware zurückgreifen. Natürlich geht das bei bestimmten Produkten nicht. Goji-Beeren zum Beispiel wachsen in Tibet.

Griffen Sie privat schon immer zu Bio-Produkten?
Nein, es kam mehr durch die Arbeit. Zwar haben meine Eltern einen Bauernhof, wo viel selbst angebaut wird, aber die Kosmetik und die verschiedenen Getreidesorten habe ich erst hier kennengelernt.

Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem kleinen Laden?
Wir haben in den letzten Jahren immer ein gutes Umsatzplus gemacht. Das Ziel ist momentan, das so zu halten. Wir haben hauptsächlich Stammkunden. Hier ist es schon fast wie im Dorf. Man weiß, um zehn Uhr kommt diese Frau und dann diese … Seit mein kleiner Ben da ist, kaufen auch viele Mamis hier ein. (lächelt) Die Kunden haben einfach ähnliche Interessen wie die Person, die hinter dem Geschäft steht.

Was würden Sie anderen raten, die ein Geschäft führen möchten? Haben Sie Tipps?
Es ist immer ein Lernprozess. Man braucht eine gewisse Willensstärke, aber die bekommt man dann mit der Zeit. Man darf einfach nicht aufgeben. Wenn etwas nicht so gut läuft, wie man es sich vorgestellt hat, sollte man eine Lösung finden und einfach weitermachen.

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